"Das Lager ist eine riesige Kloake"

Die ersten Opfer von Krieg und Hunger: Auch im Südsudan sind Kinder die Hauptbetroffenen
Millionen fliehen vor dem eskalierenden Bürgerkrieg. Eine Hungerkatastrophe kündigt sich an.

Es ist der jüngste Staat Afrikas, und der droht gerade in einer humanitären Katastrophe zu versinken, wie sie der Kontinent lange nicht gesehen hat. Im 2011 gegründeten Südsudan hat der Bürgerkrieg fast zwei Millionen Menschen zu Flüchtlingen gemacht. Im Machtkampf zwischen Präsident Salva Kiir und seinem früheren Vize sind sie zwischen die Fronten geraten.

"Das Lager ist eine riesige Kloake"
Zehntausende sind in inzwischen überfüllten Flüchtlingslagern gestrandet – und dort bricht über sie jetzt die Regenzeit herein. "Eine riesige Kloake", beschreibt Sandra Bulling die Situation. Die Mitarbeiterin der Hilfsorganisation CARE ist soeben vom Besuch in der Krisenregion zurückgekehrt – mit Berichten, die das Schlimmste befürchten lassen.

Die Vertriebenen hätten ihre Rinderherden zurücklassen müssen, konnten ihre Felder nicht bestellen, was Ernteausfälle und damit eine Hungerkatastrophe auszulösen droht. Schon jetzt aber sind Millionen von Nothilfe durch Organisationen wie CARE abhängig.

Doch diese Hilfe, das macht Bulling deutlich, lässt sich nur unter großem Aufwand zu den Hungernden bringen:"Hilfsmaßnahmen sind eine ungeheure logistische Herausforderung, da im ganzen Land kaum Infrastruktur vorhanden ist. Die Versorgung kann nur per Flugzeug stattfinden, das lässt die Kosten explodieren."

Jahrzehnte Krieg

Die fehlende Infrastruktur ist die Folge von Jahrzehnten von Kriegen in der Region. Seit der Unabhängigkeit des Sudan 1955 hat der Süden des Landes keine zehn Jahre Frieden erlebt. Die Stämme des Südens kämpften nicht nur gegen die islamische Regierung in der Hauptstadt Khartum, sondern sind auch unter einander in ständige Konflikte verstrickt.

Im einst größten Flächenstaat Afrikas war der arabische und muslimische Norden traditionell das politische Machtzentrum. Der Süden, kulturell und gesellschaftlich völlig verschieden, wurde vernachlässigt. Wichtig war er nur durch die riesigen Erdölvorkommen, Haupteinnahmequelle des Landes. Der Zugriff auf diese Erdölquellen ist bis heute die Hauptursache der politischen Konflikte. Auch nach der Unabhängigkeit des Südsudan vom Norden ist dieser Zugriff nur unzureichend geklärt. CARE, das sich im Südsudan seit Jahrzehnten um die Gesundheitsvesorgung und den Aufbau zumindest einzelner Infrastruktur-Projekte bemüht, hofft auf eine wenigstens vorübergehende Beilegung des Konflikts und die Bildung einer Übergangsregierung noch im August. Die Millionen Kriegsflüchtlinge aber werden auch danach noch lange Hilfe brauchen.

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