Ukraine sieht Spindelegger-Job skeptisch

Der ehemalige ÖVP-Vizekanzler Michael Spindelegger will als Direktor der neuen Agentur die Ukraine nach vorne bringen. Er muss aber mit Gegenwind bei seiner Arbeit rechnen.
Oligarchen-Initiative: Ukrainischer Botschafter fordert, die Regierung einzubinden.

Jetzt soll alles ganz schnell gehen bei der Agentur für die Modernisierung der Ukraine. Ein Büro wird noch gesucht, aber schon nächste Woche will Direktor Michael Spindelegger startklar sein. Als "selbstständiger Unternehmer", wie sich der ehemalige ÖVP-Chef nunmehr bezeichnet, will er von Wien aus den Wiederaufbau der Ukraine lenken und das Land nach westlichem Vorbild reformieren.

Im Oktober wollen die Berater, allesamt hochrangige ehemalige Politiker, ihre konkreten Pläne vorlegen.

Die Agentur ist rechtlich als Verein in Wien angemeldet, die Idee für die Initiative stammt laut Pariser Medien vom französischen Philosophen Bernard-Henri Lévy.

Finanziert wird die Einrichtung von ukrainischen Oligarchen, in erster Linie von dem Unternehmer Dmitrij Firtasch. Der Milliardär war 2014 in Wien auf einen US-Haftbefehl hin festgenommen und dann gegen Rekordkaution von 125 Millionen Euro wieder freigelassen worden. Er wartet nun in Österreich auf eine Entscheidung über seine Auslieferung an die USA. Dort soll ihm wegen eines Bestechungsverdachts der Prozess gemacht werden.

Umstrittene Figuren

Ukraine sieht Spindelegger-Job skeptisch
Dr. Olexander Scherba, ukrainischer Botschafter in Wien
Derzeit stellen sich viele eine Frage: Warum suchen seriöse Ex-Politiker den Kontakt zu solch umstrittenen Figuren der ukrainischen Wirtschaft? Die Antwort gibt salopp der CDU-Abgeordnete Karl-Georg Wellmann, der selbst zum Berater-Klub gehört: "Wir wollen deren Geld, um unsere Arbeit zu machen. Wir können die Ukraine nicht ohne oder gegen die Oligarchen reformieren", wird er vonSpiegel-onlinezitiert.

Den Financiers der Promi-Initiative (Firtasch, Rinat Achmetow, Wiktor Pintschuk) wird vorgeworfen, dass sie ihre Geschäftsimperien in den Jahren der Privatisierung staatlicher Betriebe anhäuften und immer von guten Beziehungen in die Politik profitierten.

Aber CDU-Politiker Wellmann beruhigt: Das Oligarchen-Trio vergebe keine Aufträge, und sie haben auch bei den Projekten kein Mitspracherecht. "Das haben alle Beteiligten zur Bedingung für ihre Mitarbeit gemacht."

Nicht ohne Regierung

Skeptisch sieht das die neue Agentur der ukrainische Botschafter in Österreich, Olexander Scherba. Gegenüber dem KURIER kritisiert er, dass "die ukrainische Regierung nicht an der Agentur beteiligt ist. Es ist schwer vorstellbar, wie es ohne die Regierung gehen soll". Investitionsprojekte im Kriegsland seien "ohne Regierungsbeteiligung nicht realisierbar", stellt der ukrainische Spitzendiplomat fest.

Trotz seiner Kritik erwartet er, dass der ehemalige österreichische Außen- und Finanzminister Michael Spindelegger Kontakt zu offiziellen Kreisen in Kiew herstellt.

Scherba bedauert, dass er als Botschafter nicht über die neue Agentur vorab informiert worden sei. Er hofft aber, dass die Agentur den Kontakt zur ukrainischen Regierung suchen werde. "Wenn die Initiative richtig mit der Teilnahme der Regierung organisiert wird, dann sind Investitionen in der Ukraine machbar."

Friede als Bedingung

Voraussetzung für wirtschaftliche Projekte seien aber "ein Waffenstillstand und Friede", findet der Botschafter. Er bemängelte, dass darüber bei der Gründungskonferenz der Agentur nicht gesprochen wurde. "Es gab keine klaren Worte zum Krieg, der bei uns geführt wird."

Den Ukrainern ist die Agentur noch nicht bekannt. In den Medien und der Öffentlichkeit sei das kein Thema, bestätigt ein Vertreter der österreichischen Botschaft in Kiew.

Ob der ehemalige SPÖ-Innenminister und langjährige Bürgermeister von Purkersdorf das Angebot von Spindelegger annimmt, in das dreiköpfige Direktorium einzuziehen, ist offen. "Ich habe mich noch nicht entschieden. Es kann keine Tätigkeit sein, die mich zeitlich allzu sehr belastet. Ich bin in erster Linie Bürgermeister." In den "nächsten Tagen" werde er aber einen Beschluss fassen.

Einen Vollzeit-Job als Geschäftsführer macht nur Spindelegger. Die anderen Berater arbeiten Teilzeit. Zwei bis vier Tage sollen es pro Monat sein, sagt der ehemalige SPD-Finanzminister und gescheiterte Kanzlerkandidat Peer Steinbrück (SPD). Dafür gibt es eine Vergütung, die sich an internationalen Tarifen orientiert.

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