Berlusconi: "Brenner darf nicht neues Idomeni werden"

Italiens Ex-Premier Silvio Berlusconi
Italienischer Ex-Premier traf sich mit deutschem EVP-Fraktionschef Manfred Weber.

Italiens Ex-Premier Silvio Berlusconi, Chef der rechtskonservativen Partei Forza Italia, hat am Mittwoch in Rom den EVP-Fraktionschef im Europaparlament, Manfred Weber, getroffen und mit ihm die Flüchtlingsproblematik besprochen. In einer gemeinsamen Presseerklärung betonten Berlusconi und Weber, man müsse um jeden Preis den Bau eines Grenzzauns am Brenner verhindern.

Nicht gerechtfertigt

Es bestünden zurzeit keine Gefahren, die eine Aussetzung des Schengen-Abkommens an der Brenner-Grenze rechtfertigen würden. Grenzkontrollen am Brenner würden zur Entstehung eines "zweiten Idomeni an der italienisch-österreichischen Grenze führen", hieß es in dem Schreiben der beiden Politiker.

Berlusconi: "Brenner darf nicht neues Idomeni werden"
Berlusconi und Weber (CSU) riefen die EU-Mitgliedsstaaten zur einer stärkeren Kooperation im Umgang mit dem Flüchtlingsnotstand auf und plädierten für eine Reform des Asylrechts. Wichtig sei auch, dass die EU Abkommen mit den Herkunftsländern der Flüchtlinge zur Rückführung der Migranten abschließe.

Staatssekretär sieht Zusammenhang mit Wahl

In Italien unterstellt man Österreich politische Absichten in Zusammenhang mit den Brenner-Plänen. Der harte Kurs der Regierung in Wien in Zusammenhang mit dem Grenzmanagement führt Italiens Innenstaatssekretär Domenico Manzione auf politische Erwägungen der Parteien in Hinblick auf die Präsidentenwahlen am Sonntag zurück.

"Offenbar geht es darum, ein innenpolitisches Zeichen in Österreich zu setzen. Das gilt auch für den einseitigen Beschluss, eine Obergrenze einzuführen. Ich frage mich, was passiert, wenn Nummer 35.001 kommt", so Manzione im Interview mit der Süddeutschen Zeitung am Mittwoch.

Hunderte bei Demo erwartet

Für den Tag der Bundespräsidentenwahl, also am kommenden Sonntag, ist am Brenner eine Demonstration gegen Grenzkontrollen ankgekündigt. Die italienischen Behörden gehen von "keiner besonders kritischen Situation aus". Dies hätte eine Kontaktaufnahme mit den Veranstaltern ergeben, teilte die Quästur in Bozen mit. Die österreichische Polizei rechnete mit mehreren hundert Demonstranten.

Die Protestkundgebung soll um 11.30 Uhr auf italienischer Seite beginnen, sagte der zuständige Bezirkspolizeikommandant Gerhard Niederwieser. "Laut unseren Informationen wird auch beabsichtigt, die Grenze zu überschreiten", fügte er hinzu. Aus Österreich sollen jedenfalls rund 300 Beamte am Brenner im Einsatz stehen. "Diese Zahl kann sich aber je nach Sicherheitslage noch nach oben oder unter verschieben", meinte der Polizist. Die Veranstalter seien den italienischen Behörden bekannt, sagte Niederwieser.

Bundespräsident Heinz Fischer hat sich gegen ein "Abriegeln" der Brennergrenze ausgesprochen. Zwar müsste man den Binnen-Grenzkontrollen "umso mehr Aufmerksamkeit widmen ... je größer der Zustrom der Flüchtlinge nach Österreich" sei, erklärte Fischer am Mittwoch vor dem Europarat in Straßburg. "Aber die Worte 'Dichtmachen', 'Sperren', 'Abriegeln' oder Ähnliches sind nicht angebracht."

Denn weder könne noch wolle sich Österreich von Italien oder Deutschland abriegeln: "Wir wollen wissen, wer unsere Grenzen überschreitet, aber nicht das Rad der Geschichte zurückdrehen", so der Bundespräsident. Bereits zuvor hatte er gegenüber der italienischen Nachrichtenagentur ANSA die Bedeutung einer offenen Brennergrenze betont: "Es ist absolut in meinem Interesse, dass der Fluss von Menschen und Waren über den Brenner erhalten bleibt und auch funktioniert", das sei "essenziell für Europa."

Fischer warb um Verständnis

Allgemein warb Fischer um "Verständnis" für die österreichische Asylpolitik, etwa die Einführung der Obergrenzen. Weder könnten die "fast 800.000 Flüchtlinge, die allein im zweiten Halbjahr 2015 unkontrolliert unsere südlichen und südöstlichen Staatsgrenzen überschritten haben" ein Dauerzustand sein, noch der Umstand, "dass die Zahl der Asylanträge in Österreich im Jahr 2015 höher war als die Gesamtzahl der Geburten in diesem Jahr".

Griss über Notstand

Präsidentschaftskandidatin Irmgard Griss hat sich einem Interview mit dem Standard dafür ausgesprochen, die Asylverfahren zu beschleunigen und in die Infrastruktur zu investieren. Dann würden auch 90.000 Asylanträge im laufenden Jahr keinen Notstand auslösen. Notstand würde laut Griss nur drohen, wenn die Leute nicht mehr unterzubringen und die Asylanträge nicht mehr zu bewältigen sind und ein Aufruhr drohen würde.

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