EU-Euphorie sinkt schon vor Beitrittsantrag

Minister Kurz in Sarajewo
Außenminister Kurz in Sarajewo. An Bosnien zieht die Flüchtlingsbewegung derzeit vorbei.

Große Versprechen kann Außenminister Sebastian Kurz in Sarajewo nicht machen, aber Bosnien-Herzegowina Österreichs Unterstützung versichern: Kommenden Montag wird die Regierung Sarajewos in Brüssel ihren Antrag auf EU-Mitgliedschaft stellen. Jahre, nachdem die meisten anderen Nachfolgestaaten Jugoslawiens, nämlich Serbien, Mazedonien und Montenegro, ihre Ansuchen gestellt haben. Und Jahre, seitdem Slowenien und Kroatien schon Mitglieder der EU sind.

Doch Bosnien, in dem die Wunden des Krieges (’92– ’95) noch nicht verheilt sind, hinkt weit hinterher. Und so wollte auch Kurz bei seinem Blitzbesuch am Montag in der bosnischen Hauptstadt keine rosige Entwicklung malen. "Der Weg zum Beitritt ist ein Prozess, der lange dauert. Aber man muss ihn einmal starten. Und er kann eine Phase der Reformen sein."

Den Status des offiziellen EU-Kandidatenlandes werde man, so hofft Bosniens Außenminister Igor Crnadak, bis 2017 erhalten. Das mutet optimistisch an angesichts der Tatsache, dass Sarajewo sehr bald von der EU einen Katalog von mehr als 5000 Fragen erhalten wird und schon eine der ersten nicht wird beantworten können: Wie viele Menschen leben in Bosnien? Eine Volkszählung gab es seit dem Krieg nicht mehr. Bezeichnend für das Balkanland, das sich nicht als geeinten Staat erlebt. In dem zwei politische Entitäten, die Föderation (bosniakisch-kroatisch) und die Republika Srpska, einander blockieren und das ohne Hilfskredite vor dem Ende stünde.

Flüchtlingsstrom

Wirtschaftskrise und das Gefühl, "dass nie etwas besser wird", haben die anfängliche Euphorie der Bevölkerung für eine EU-Annäherung gedämpft. Und abhalten könnte die Bosnier auch der Blick auf eine EU, die alles versucht, die Migrationsströme einzubremsen. An Bosnien zieht die Flüchtlingsbewegung auf dem Balkan derzeit östlich vorbei – durch Serbien. Dort, in Belgrad, hatte Kurz im Zuge seiner fünftägigen Balkan-Tour vor allem ein Gesprächsthema: Wie den Flüchtlingsandrang stoppen? Seine Hoffnung setzt der Außenminister auf Mazedonien und Serbien. Doch aus Serbien kam schon mal die Botschaft: Man wolle auch nicht zum Wartesaal der Flüchtlinge werden.

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