Schäubles "Grexit light": Strategiespiel der Deutschen

Stratgie der Regierung; „Good Cop“ Merkel, „Bad Cop“ Schäuble.
Der Vorstoß sorgte zwar für Koalitions-Zwist mit der SPD, hat aber Kalkül.

Schon vor dem samstäglichen Treffen der Finanzminister war Wolfgang Schäuble jener Politiker, der die harschesten Töne in puncto Athen anschlug. Wenn nicht geliefert werde, "isch over", polterte er kürzlich in bestem Denglisch. Am Samstag hieß es dann: "Wir werden uns ganz sicher nicht auf Zusagen verlassen können."

Dass Schäuble die Griechen deshalb für einen Zeitraum von fünf Jahren aus der Eurozone werfen will, verwunderte doch so manchen Beobachter – vor allem in Berlin. Denn so richtig abgestimmt schien der "Grexit light"-Vorschlag nicht. Nachdem das Papier durchgesickert war, kam vor allem vom Koalitionspartner laute Empörung. Der Plan sei nicht in Abstimmung mit dem Koalitionspartner erstellt worden, ärgerte sich SPD-Abgeordneter Hubertus Heil via Twitter: "Schäuble spielt falsch: sein Grexit-Plan hat NICHT die Unterstützung der SPD." Fraktionsvize Carsten Schneider, eine maßgebliche Stimme in der Partei, meinte gar, der Vorschlag Schäubles sei nicht seriös, sondern eine Gefahr für die Eurozone.

Den Wähler im Auge

Parteichef Sigmar Gabriel, der neben Schäuble im Zentrum dieser Kritik stand, bemühte sich zu kalmieren. Ja, er habe von dem Vorschlag gewusst, dieser sei aber "nur realisierbar, wenn die griechische Regierung ihn selbst für die bessere Alternative halten würde."

Der SPD-Chef hatte sich mit seinem Zickzack-Kurs in Sachen Griechenland schon länger den Unmut seiner Genossen zugezogen, waren seine Worte teils ja deutlich schärfer als jeneAngela Merkels. Der Chef des kleineren Koalitionspartners hofft damit, zwar nicht bei den Parteikollegen, aber zumindest beim Wahlvolk zu punkten. Ähnlich dürfte auch die Strategie von Schäuble und Merkel selbst sein: Die Öffentlichkeit goutiert die Hardliner-Position Schäubles in Sachen Griechenland. Merkel nutzt ihn als "Bad Cop", um ihre eigene Position als "Good Cop" zu stärken – möglicherweise auch, um einen Schwenk abzusichern. Gerüchte, dass Merkel vom Vorgehen ihres Finanzministers nicht informiert war, passen in diese Strategie.

Dass Merkel ihre eigene Linie durchaus korrigieren kann, hat die Kanzlerin schon unter Beweis gestellt. Nach der Atomkatastrophe von Fukushima organisierte sie flugs den Atomausstieg Deutschlands – gegen die Linie der CDU, aber im Sinne der öffentlichen Meinung. Ob sie sich in der Griechenland-Frage traut, gegen die innerdeutsche Meinung zu agieren und einen weicheren Kurs in puncto Athen einzuschlagen, wird aber auch von der Reaktion der anderen Regierungschefs abhängen – immerhin geht es nicht nur um Merkels zukünftige Position in Berlin, sondern vor allem um jene in Brüssel.

Dass Schäuble dabei als Bauernopfer dienen wird, glaubt in Berlin aber niemand. Denn die nötigen Mehrheiten für ein drittes Hilfspaket würde Merkel auch ohne Ja ihres Finanzministers finden. Zwar gibt es einige Abgeordnete in ihrer CDU, die ihr demonstrativ die Gefolgschaft verweigern, SPD und die Grünen würden der Regierungschefin aber die Mehrheit sichern.

Sigmar Gabriel hat sich, trotz aller polternden Töne, darauf vorbereitet: Seine China-Reise, die eigentlich bis Ende der Woche hätte dauern sollen, hat er vorsorglich schon mal gekürzt.

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