Sarkozy kommt zurück

Nicolas Sarkozy: Am Sprung zurück in den Elysee
Korruptionsvorwürfe, Ermittlungsverfahren, Polizeigewahrsam - das alles hält Sarkozy nicht von einem Comeback ab.

Die Spatzen pfiffen es schon von den Dächern, nun ist es offiziell: Knapp zweieinhalb Jahre nach seiner Wahlniederlage kehrt der französische Ex-Staatschef Nicolas Sarkozy in die Politik zurück. Der konservative Politiker erklärte am Freitag auf seiner Facebook-Seite, er wolle für den Vorsitz seiner UMP kandidieren. Sarkozy war von 2007 bis 2012 französischer Präsident, 2012 unterlag er seinem sozialistischen Herausforderer Francois Hollande, der jetzt selbst mächtig strauchelt.

Sarkozy kommt zurück
Stickers with images depicting former French President Nicolas Sarkozy are displayed on a table during a youth UMP meeting in Nice September 6, 2014. The words on the stickers read, "My President" and "2017 Nicolas. President." REUTERS/Eric Gaillard (FRANCE - Tags: POLITICS)
Schon in den vergangenen Monaten war es eine Art Fernduell zwischen Hollande und Sarkozy. Frankreichs aktueller Staatschef musste am Donnerstag bei einer großen Pressekonferenz seine magere Bilanz verteidigen, dabei dachten politische Beobachter schon an das wahrscheinliche Comeback Sarkozys, der die Gerüchteküche dahingehend selbst genüsslich befeuert hatte.

Nach dem wenig überzeugenden Vertrauensvotum für Hollandes Regierung und angesichts verheerender Wirtschaftszahlen bietet sich Sarkozy eine breite Angriffsfläche. Der 59-Jährige will sich Ende November zum Vorsitzenden seiner Partei UMP wählen lassen und dann 2017 den Elysée-Palast zurückerobern.

Skandalgebeutelt

Sarkozy kommt zurück
Former French President Nicolas Sarkozy (2ndL) arrives with police by car at the financial investigation unit in Paris to be presented to a judge late July 1, 2014. Former French President Sarkozy was held for questioning for 15 hours on Tuesday over suspicions he used his influence to secure leaked details of an inquiry into alleged irregularities in his 2007 election campaign. REUTERS/Pascal Rossignol (FRANCE - Tags: POLITICS CRIME LAW)
In den Umfragen liegt Sarkozy nicht schlecht: Das Duell lautet hier eher Sarkozy gegen die rechte Marine Le Pen, Hollande mischt gar nicht an der Spitze mit. Die Seifenoper um Hollandes Ex-Lebensgefährtin Valerie Treierweiler und ihr Enthüllungsbuch "Merci pour ce moment" ließen Hollandes Beliebtheitswerte weiter in den Keller rasseln.

Dabei wankt der konservative Sarkozy selbst von einem Skandal in den nächsten (siehe unten): Bevor im Juli ein formelles Ermittlungsverfahren wegen Korruption gegen ihn eingeleitet wurde (mutmaßliche versuchte Bestechung eines Staatsanwalts), musste er 15 Stunden lang in Polizeigewahrsam verbringen - eine Premiere für ein früheres französisches Staatsoberhaupt. Das Sarkozy-Lager sah den 59-Jährigen als Opfer eines Komplotts der sozialistischen Regierung und der Justiz.

Der sozialistische Premierminister Manuel Valls gab schon einmal den Ton vor: "Wir werden ihn anhand des Zustandes beurteilen, in dem er das Land hinterlassen hat", sagte er kämpferisch. "Mit einem Wachstumsdefizit, einem Haushaltsdefizit, einem Außenhandelsdefizit, und einer zutiefst gespaltenen Gesellschaft." Die politischen Auseinandersetzungen in Frankreich dürften bald noch ruppiger werden als bisher.

GADDAFI-GELDER: Die französische Justiz ermittelt zu dem Verdacht, dass Sarkozys Präsidentschaftswahlkampf 2007 von Libyens damaligem Machthaber Muammar al-Gaddafi mitfinanziert wurde. Die Rede ist von mindestens 50 Millionen Euro. Noch als Präsident nannte Sarkozy den Verdacht "grotesk". Die mit dem Fall befassten französischen Untersuchungsrichter ließen aber Sarkozys Telefone anzapfen - und stießen so zufällig auf den möglichen Bestechungsskandal um einen Staatsanwalt an Frankreichs Oberstem Gerichtshof.

BESTECHUNGSVORWÜRFE: Aus abgehörten Telefongesprächen ergibt sich der Verdacht, dass Sarkozy und sein Anwalt Thierry Herzog von einem Staatsanwalt am Kassationsgerichtshof in Paris illegal Informationen zu einem laufenden Verfahren erhalten wollten. Im Gegenzug soll Sarkozy dem Staatsanwalt, Gilbert Azibert, zugesagt haben, ihm einen Posten in Monaco zu verschaffen. Ende Februar wurden Ermittlungen wegen Bestechung und Verletzung des Ermittlungsgeheimnisses eingeleitet. Sarkozy bestreitet die Vorwürfe.

BETTENCOURT-AFFÄRE: Die Informationen, die Sarkozy offenbar von dem Staatsanwalt bekommen wollte, betrafen ein Verfahren am Kassationsgerichtshof zur Beschlagnahmung seiner Terminkalender in der Bettencourt-Affäre. Dem Ex-Präsidenten war in der Affäre ursprünglich vorgeworfen worden, die Schwäche der greisen und demenzkranken L'Oreal-Milliardärin Liliane Bettencourt ausgenutzt zu haben, um an Geld für seinen Wahlkampf 2007 zu kommen. Das Verfahren gegen Sarkozy dazu wurde im vergangenen Oktober wegen Mangels an Beweisen eingestellt. Sarkozy will seine Terminkalender zurückhaben und zog deswegen vor den Kassationsgerichtshof, der sich aber im März für nicht zuständig erklärte.

TAPIE-AFFÄRE: Die Terminkalender könnten dem Ex-Staatschef in der Affäre um umstrittene staatliche Schadensersatz-Zahlungen an den Unternehmer Bernard Tapie noch gefährlich werden. Tapie hatte im Juli 2008 mit Zinsen 403 Millionen Euro aus der Staatskasse zugesprochen bekommen. Die Justiz prüft die Rolle des Elysee-Palastes in dem Fall, in den auch die heutige IWF-Chefin und damalige Finanzministerin Christine Lagarde verwickelt ist. Sarkozy soll Tapie vor und nach seiner Wahl 2007 immer wieder getroffen haben.

BYGMALION-AFFÄRE: Über die sogenannte Bygmalion-Affäre stürzte bereits Sarkozys Nachfolger als Chef der konservativen Partei UMP, Jean-Francois Cope, der Ende Mai zurücktreten musste. Sarkozy soll sein per Gesetz vorgegebenes Wahlkampfbudget für eine Wiederwahl 2012 um mindestens elf Millionen Euro überzogen haben. Verschleiert wurde dies offenbar, indem die UMP Rechnungen der von Cope-Vertrauten gegründeten PR-Firma Bygmalion beglich, die eigentlich aus Sarkozys Wahlkampfkasse hätten bestritten werden müssen. Ob Sarkozy davon wusste, ist unklar. In der vergangenen Woche wurde eine richterliche Voruntersuchung eingeleitet.

UMFRAGEN-AFFÄRE: Die Justiz in Paris ermittelt zu dem Vorwurf, der Elysee-Palast habe unter Sarkozy in den Jahren 2007 bis 2012 ohne ordnungsgemäße öffentliche Ausschreibung eine Reihe von Umfragen in Auftrag gegeben. Profitiert haben soll davon insbesondere sein einstiger Berater Patrick Buisson über sein Beratungsunternehmen Publifact. Der dem äußersten rechten Lager zugerechnete Buisson war es auch, der heimlich auf einem Diktiergerät hunderte Stunden Gespräche Sarkozys im Elysee-Palast und andernorts aufnahm. Die Enthüllung der Mitschnitte löste Anfang März Wut und Fassungslosigkeit bei den Konservativen aus.

KARACHI-AFFÄRE: In dem Fall um Geld, das für ein U-Boot-Geschäft nach Pakistan und dann teils wieder zurück nach Frankreich geflossen sein soll, um den Präsidentschaftswahlkampf 1995 des damaligen Premierministers Edouard Balladur mitzufinanzieren, wird Sarkozy bisher nicht direkt beschuldigt. Er war zu der Zeit Budgetminister und Wahlkampfsprecher von Balladur. Zeugen behaupten aber, er habe die Gründung einer Firma in Luxemburg gebilligt, über die die Gelder geflossen sein sollen.

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