Sahra Wagenknecht in der Populismus-Klemme

In der Kritik: Linken-Fraktionschefin Wagenknecht
Die deutsche Linken-Chefin schwenkte in Asylfrage auf AfD-Kurs ein - und ist nun mit Rücktrittsaufforderungen aus ihrer Partei konfrontiert.

Seine Fans kann man sich nicht aussuchen. Dieser eine wird Sahra Wagenknecht jedoch ganz besonders wenig gefallen: "Ganz richtig! Schuld hat maßgeblich die verfehlte deutsche Flüchtlingspolititk!", schrieb der Vorsitzende der AfD-Fraktion im Landtag von Sachsen-Anhalt, André Poggenburg, und ließ auch gleich eine bittersüße Einladung folgen: "Frau Wagenknecht, kommen Sie zur AfD."

Als Reaktion auf das mutmaßlich islamistisch motivierte Bombenattentat in Ansbach hatte die Vorsitzende der Linksfraktion in der ARD zuvor gesagt, "dass die Aufnahme und Integration einer sehr großen Zahl von Flüchtlingen und Zuwanderern zumindest mit erheblichen Problemen verbunden und sehr viel schwieriger ist als Frau Merkel uns das im letzten Herbst mit ihrem 'Wir schaffen das' einreden wollte".

Und: "Der Staat muss jetzt alles dafür tun, dass sich die Menschen in unserem Land wieder sicher fühlen können. Das setzt voraus, dass wir wissen, wer sich im Land befindet und nach Möglichkeit auch, wo es Gefahrenpotentiale gibt."

Der Einladung seitens der AfD folgte dann auch prompt die Kritik aus ihrer eigenen Partei. "Wer Merkel von rechts kritisiert, kann nicht Vorsitzender einer Linksfraktion sein", sagt der außenpolitische Sprecher der Linksfraktion Jan van Aken der Berliner Zeitung (Mittwochausgabe). Eine kaum verhohlene Rücktrittsaufforderung.

In einem schriftlichen Statement ruderte Wagenknecht inzwischen zwar zurück. "Es ging mir weder darum, die Aufnahme von Flüchtlingen zu kritisieren, noch alle in Deutschland lebenden Flüchtlinge unter Generalverdacht zu stellen", betonte sie in einem Facebook-Eintrag. Wie viel Handlungsspielraum Wagenknecht noch bleibt, ist jedoch fraglich.

Erst die Torte, dann die Rücktrittsaufforderung

Sahra Wagenknecht in der Populismus-Klemme
ABD0089_20160528 - Nach dem Angriff mit einer Sahnetorte sitzt die Fraktionsvorsitzende der Partei Die Linke im Bundestag, Sahra Wagenknecht am 28.05.2016 beim Bundesparteitag der Partei Die Linke in Magdeburg (Sachsen-Anhalt) auf ihrem Platz. Auf dem zweitägigen Parteitag will die Linke ihren weiteren Kurs abstecken. Foto: Hendrik Schmidt/dpa +++(c) dpa - Bildfunk+++

Seit Sahra Wagenknecht im vergangenen Jahr den Fraktionsvorsitz von Gregor Gysi übernahm, hat das Image der telegenen Langzeit-Nachwuchshoffnung Risse bekommen. In der AfD ist Wagenknecht ein politischer Mitbewerber erwachsen, der nicht nur um dieselben Protest-Wählerstimmen kämpft, sondern zu allem Überdruss auch ausgerechnet in den Stammlanden der Linken die größten Erfolge erzielen kann. Wagenknechts einziges Rezept bisher: Ein radikalerer Kurs in der Flüchtlingsfrage. "Wer sein Gastrecht missbraucht, der hat sein Gastrecht eben auch verwirkt“, sagte sie nach den Silvesterübergriffen in Köln – und sah sich schon damals heftiger innerparteilicher Kritik gegenüber.

Bisheriger Tiefpunkt: Auf dem Parteitag der Linken wurde sie Ende Mai von Sympathisanten getortet. Zu der Aktion bekannte sich die "Antifaschistische Initiative 'Torten für Menschenfeinde'". Damals war die Partei noch geschlossen hinter Wagenknecht gestanden – wie lange sie sich diesmal noch an der Spitze hält? "So wie sich im Moment das gesamte Spektrum der Partei äußert, würde es mich wundern, wenn Frau Wagenknecht nicht zurücktritt", sagt Parteifreund Jan van Aken im Interview mit n-tv. Seine Fans kann man sich eben nicht aussuchen.

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