Iohannis : Der gute Mann aus Hermannstadt
Heftige Gefühlsausbrüche zählen nicht zu Hans-Gert Pötterings Markenzeichen. Doch am Montag jubelte der ehemalige Präsident des EU-Parlaments im Telefongespräch mit dem KURIER "über eine wunderbare Entwicklung, die mich glücklich macht". Was den langgedienten konservativen deutschen Politiker so freut?
Der Wahlsieg des deutschstämmigen Klaus Iohannis, der sich am Sonntag mit einer fast 57-prozentigen Unterstützung der Wähler vom Bürgermeister Sibius (Hermannstadt) zum Staatschef Rumäniens katapultierte. "Überraschend" fand Pöttering dabei nur das Ausmaß des klaren Sieges. Gehofft habe er aber sehr wohl, dass Iohannis, den Pöttering seit einigen Jahren kennt, die Chance bekomme, "in ganz Rumänien zu schaffen, was er in Hermannstadt geschafft hat. Die Voraussetzungen dafür hat Iohannis alle."
Neuer Politiker-Typus
Vier Mal wurde der deutschstämmige Rumäne als Bürgermeister wiedergewählt – und wagte schließlich heuer den Sprung von der lokalen zur landesweiten Politik. Zugute kam ihm dabei sein Ruf als absolut nicht korrupter Politiker – ein Ideal, das die Rumänen bisher so gut wie nicht kannten.
Iohannis’ Kontrahent, der sozialdemokratische Regierungschef Viktor Ponta, war hingegen zuletzt immer tiefer in den Strudel von Korruptionsvorwürfen geraten. Einen Rücktritt aber lehnte Ponta stets kategorisch ab.
Schwer verschätzt hatte sich Ponta auch bei der Wahl seiner Angriffsmethoden. Seine ihm nahestehenden Medien kritisierten Iohannis für dessen Kinderlosigkeit. Der aber ist seit 25 Jahren glücklich mit einer Lehrerin verheiratet und ging auf die Attacken gleich gar nicht ein.
Und auf den Slogan, ein orthodoxer Rumäne (wie Ponta) sei ein guter Rumäne, konterte der der evangelischen Kirche angehörige Siebenbürger Sachse nüchtern: Er wolle lieber von "einem Rumänien der guten Arbeit" reden. Schon im Wahlkampf hatte er versprochen: Er werde in Rumänien eine andere Art Politik machen: "Weniger Lärm, weniger Show, mehr Resultate".
Einen deutschen Pass hat der politische Quereinsteiger nie besessen. Ganz selbstverständlich aber bezeichnet sich Iohannis so wie alle Rumäniendeutschen, egal ob Banater Schwaben oder Siebenbürger Sachsen, als "Deutsch".
Richtig gesungen
Letzte Zweifel einiger Wähler, ob er der Präsident aller Rumänen sein könne, räumte der Ex-Bürgermeister jüngst bei einer Pressekonferenz aus. Ob er denn überhaupt den Text der rumänischen Hymne kenne, wurde er gefragt. Da begann Iohannis zu singen – fehlerlos in Wort und Ton. Während sich ausgerechnet der "gute Rumäne" Viktor Ponta tags darauf im Text irrte.
"Iohannis will, dass Rumänien eine gute Zukunft vor sich hat", streut ihm CDU-Politiker Hans-Gert Pöttering Rosen. "Er ist also in einem guten Sinne ein rumänischer Patriot. Und sein deutscher Hintergrund zeigt nur umso mehr, dass Iohannis einen breiten politischen Blick hat."
Rumäniens neuer Präsident Iohannis gehört der Minderheit der Rumäniendeutschen an. Diese umfasst mehrere Volksgruppen. Die größten sind die Siebenbürger Sachsen, zu denen Iohannis zählt, und die Banater Schwaben. Die Siebenbürger Sachsen siedelten sich im 12. Jahrhundert in Siebenbürgen an. Sie stammten v.a. aus dem heutigen Luxemburg, Frankreich, Deutschland und Belgien. Die meisten sind evangelisch. Katholisch sind dagegen die Banater Schwaben, die großteils aus dem heutigen Frankreich und Deutschland stammten und von den Habsburgern zwischen dem 17. und 19. Jahrhundert im heutigen Rumänien angesiedelt wurden. 1930 lebten insgesamt knapp 800.000 Deutsche in Rumänien. Nach der Kriegserklärung Rumäniens an Deutschland 1944 flohen viele nach Deutschland und Österreich. Nach 1945 wurden die Rumäniendeutschen unterdrückt und enteignet, viele verschleppt. Zwischen 1967 und 1989 bezahlte Deutschland für die Ausreise von 230.000 Rumäniendeutschen. Nach dem Sturz von Diktator Ceausescu 1989 verließen weitere 111.000 Deutsche das Land. Heute leben noch ca. 36.000 Rumäniendeutsche in Rumänien.
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