Iohannis : Der gute Mann aus Hermannstadt

Strahlender Wahlsieger Klaus Iohannis (55): Der Bürgermeister von Hermannstadt (Sibiu) hängte den Favoriten für das Präsidentenamt, Viktor Ponta, überraschend deutlich ab
Vom Bürgermeistersessel ins höchste Staatsamt. Klaus Iohannis überzeugte die Rumänen mit einem neuen Politikstil.

Heftige Gefühlsausbrüche zählen nicht zu Hans-Gert Pötterings Markenzeichen. Doch am Montag jubelte der ehemalige Präsident des EU-Parlaments im Telefongespräch mit dem KURIER "über eine wunderbare Entwicklung, die mich glücklich macht". Was den langgedienten konservativen deutschen Politiker so freut?

Der Wahlsieg des deutschstämmigen Klaus Iohannis, der sich am Sonntag mit einer fast 57-prozentigen Unterstützung der Wähler vom Bürgermeister Sibius (Hermannstadt) zum Staatschef Rumäniens katapultierte. "Überraschend" fand Pöttering dabei nur das Ausmaß des klaren Sieges. Gehofft habe er aber sehr wohl, dass Iohannis, den Pöttering seit einigen Jahren kennt, die Chance bekomme, "in ganz Rumänien zu schaffen, was er in Hermannstadt geschafft hat. Die Voraussetzungen dafür hat Iohannis alle."

Iohannis : Der gute Mann aus Hermannstadt
epa04455198 Hans-Gert Poettering, the President of the German 'Konrad Adenauer Stiftung' foundation, speaks to members of the media during his news conference in Kiev, Ukraine, 20 October 2014. Hans-Gert Poettering is on a three days visit in Ukraine ahead of the parliamentary elections due to be held on 26 October 2014. EPA/TATYANA ZENKOVICH
Die Voraussetzungen – das sind für den 55-jährigen, fast zwei Meter großen ehemaligen Physiklehrer seine zupackende Art ohne groß drum herumzureden, Organisationstalent, Integrität und großes Geschick darin, Auslandsinvestoren zu holen. So führte Iohannis das nach der Ceausescu-Diktatur heruntergekommene siebenbürgische Hermannstadt zu neuer Blüte. Er senkte die Arbeitslosigkeit, reformierte die Verwaltung, investierte in die Infrastruktur und machte es 2007 zur europäischen Kulturhauptstadt.

Neuer Politiker-Typus

Vier Mal wurde der deutschstämmige Rumäne als Bürgermeister wiedergewählt – und wagte schließlich heuer den Sprung von der lokalen zur landesweiten Politik. Zugute kam ihm dabei sein Ruf als absolut nicht korrupter Politiker – ein Ideal, das die Rumänen bisher so gut wie nicht kannten.

Iohannis’ Kontrahent, der sozialdemokratische Regierungschef Viktor Ponta, war hingegen zuletzt immer tiefer in den Strudel von Korruptionsvorwürfen geraten. Einen Rücktritt aber lehnte Ponta stets kategorisch ab.

Schwer verschätzt hatte sich Ponta auch bei der Wahl seiner Angriffsmethoden. Seine ihm nahestehenden Medien kritisierten Iohannis für dessen Kinderlosigkeit. Der aber ist seit 25 Jahren glücklich mit einer Lehrerin verheiratet und ging auf die Attacken gleich gar nicht ein.

Und auf den Slogan, ein orthodoxer Rumäne (wie Ponta) sei ein guter Rumäne, konterte der der evangelischen Kirche angehörige Siebenbürger Sachse nüchtern: Er wolle lieber von "einem Rumänien der guten Arbeit" reden. Schon im Wahlkampf hatte er versprochen: Er werde in Rumänien eine andere Art Politik machen: "Weniger Lärm, weniger Show, mehr Resultate".

Einen deutschen Pass hat der politische Quereinsteiger nie besessen. Ganz selbstverständlich aber bezeichnet sich Iohannis so wie alle Rumäniendeutschen, egal ob Banater Schwaben oder Siebenbürger Sachsen, als "Deutsch".

Richtig gesungen

Letzte Zweifel einiger Wähler, ob er der Präsident aller Rumänen sein könne, räumte der Ex-Bürgermeister jüngst bei einer Pressekonferenz aus. Ob er denn überhaupt den Text der rumänischen Hymne kenne, wurde er gefragt. Da begann Iohannis zu singen – fehlerlos in Wort und Ton. Während sich ausgerechnet der "gute Rumäne" Viktor Ponta tags darauf im Text irrte.

"Iohannis will, dass Rumänien eine gute Zukunft vor sich hat", streut ihm CDU-Politiker Hans-Gert Pöttering Rosen. "Er ist also in einem guten Sinne ein rumänischer Patriot. Und sein deutscher Hintergrund zeigt nur umso mehr, dass Iohannis einen breiten politischen Blick hat."

Rumäniens neuer Präsident Iohannis gehört der Minderheit der Rumäniendeutschen an. Diese umfasst mehrere Volksgruppen. Die größten sind die Siebenbürger Sachsen, zu denen Iohannis zählt, und die Banater Schwaben. Die Siebenbürger Sachsen siedelten sich im 12. Jahrhundert in Siebenbürgen an. Sie stammten v.a. aus dem heutigen Luxemburg, Frankreich, Deutschland und Belgien. Die meisten sind evangelisch. Katholisch sind dagegen die Banater Schwaben, die großteils aus dem heutigen Frankreich und Deutschland stammten und von den Habsburgern zwischen dem 17. und 19. Jahrhundert im heutigen Rumänien angesiedelt wurden. 1930 lebten insgesamt knapp 800.000 Deutsche in Rumänien. Nach der Kriegserklärung Rumäniens an Deutschland 1944 flohen viele nach Deutschland und Österreich. Nach 1945 wurden die Rumäniendeutschen unterdrückt und enteignet, viele verschleppt. Zwischen 1967 und 1989 bezahlte Deutschland für die Ausreise von 230.000 Rumäniendeutschen. Nach dem Sturz von Diktator Ceausescu 1989 verließen weitere 111.000 Deutsche das Land. Heute leben noch ca. 36.000 Rumäniendeutsche in Rumänien.

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