Rumänien: Explosive Stimmung im Vakuum politischer Werte

Das Land wählt am Sonntag die neuen Abgeordneten: Der Wahlkampf wurde zum absurden Theater der politischen Elite.

Die prognostizierte Wahlbeteiligung sagt alles über den Zustand, in dem sich Rumäniens Politik befindet: Alle Vorhersagen gehen davon aus, dass am kommenden Sonntag weit weniger Wähler als bei vorhergegangenen Wahlen ihre Stimme abgeben werden – und bei den letzten Parlamentswahlen 2004 waren es bereits nur knapp 40 Prozent. Der Wahlslogan eines lokalen Kandidaten der Umwelt-Partei in der nordostrumänischen Stadt Iasi bringt es auf den Punkt: „Ich stehle weniger“, steht auf seinen Plakaten.

Das Rennen wird er nicht machen. Laut Umfragen kann das regierende Bündnis „Sozialliberale Union“ (USL) mit einem klaren Sieg rechnen. Sogar eine Zweidrittelmehrheit scheint in greifbarer Nähe. Dem oppositionellen Mitte-rechts-Bündnis „Gerechtes Rumänien“ (ARD) werden lediglich zwischen 20 und 23 Prozent prognostiziert.

Tief gespalten

Was aussieht wie klare Mehrheitsverhältnisse, birgt allerdings gehörig Sprengkraft. Das Land ist politisch zutiefst gespalten. Eine Spaltung zwischen politischen Eliten und Zirkeln, die einander im vergangenen Jahr nichts schuldig blieben. Es waren Monate, die vor allem durch schmutzig geführte Machtkämpfe geprägt waren – zwischen der Regierung von Premier Victor Ponta und Präsident Traian Basescu sowie der Justiz.

Und so lautet auch das Ziel der USL Zweidrittelmehrheit. Mit einer solchen könnte die Regierung die Verfassung ändern. Das ist der ausgesprochene Plan Pontas: Er wolle die Verfassung derart ändern, dass eine parlamentarische Zweidrittelmehrheit Urteile des Verfassungsgerichtshofes (VGH) abändern könnte. Eine laut Rechtsexperten klare Verletzung des Prinzips der Gewaltenteilung.

Der Grund für das Ansinnen: Ein bis zum Äußersten geführter Machtkampf zwischen Ponta und Basescu. Vergangenen Sommer hatte Ponta ein Amtsenthebungsverfahren gegen den Präsidenten eingeleitet. Volksabstimmung inklusive. Der Ausgang: 88 Prozent hatten für Basescus
Amtsenthebung gestimmt. Das Referendum scheiterte dennoch: An der geringen Beteiligung von unter 50 Prozent. Es war der VGH, der die Abstimmung für ungültig erklärte. Basescu blieb im Amt.

Er könne wohl „einen Frosch schlucken, aber kein Schwein“ so Basescu darüber, was nach der Wahl passieren wird. Dem Präsidenten obliegt es, einen Premier zu ernennen. Und mit „Schwein“ meinte er ganz unmissverständlich Ponta. Es steht also mehr als infrage, ob der amtierende Premier das Amt weiter ausüben wird – selbst, wenn er die Wahlen haushoch gewinnt.

Unterfüttert wird dieser Krach an der Staatsspitze von sich überschlagenden Berichten über Korruption und Freunderlwirtschaft sowohl in der USL als auch der ARD. Beide haben sich die Korruptionsbekämpfung aber auf die Fahnen geschrieben. Und das, während die beiden seitens der EU ausdrücklich gelobten rumänischen Anti-Korruptions-Institutionen (Antikorruptions-Anwaltschaft und Integritätsbehörde) von Ponta offen als instrumentalisierte politische Keule Basescus bezeichnet werden.

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