Renzis Rundumschlag beim Rat

Renzi: "Ein gescheiterter Gipfel kostet uns alle nur Geld und Zeit."
Italiens Premier blamierte Ratspräsident Van Rompuy.

Italiens 39-jähriger Ministerpräsident Matteo Renzi wirbelt die Runde der europäischen Amtsträger ganz schön auf und schafft Unruhe in der Brüsseler Gipfelrunde.

In der Nacht zum Donnerstag, als nur mehr gestritten wurde und die 28 Staats- und Regierungschefs sich auf kein Personalpaket einigen konnten, platzte Renzi der Kragen. In rebellischer Manier kritisierte er Gipfel-Organisator, Ratspräsident Herman Van Rompuy: "Warum informieren Sie uns nicht per SMS, dass sie keine Entscheidung zustande bringen? Ein gescheiterter Gipfel kostet uns alle nur Geld und Zeit."

Nicht alltäglich

Eine befriedigende Antwort bekam Renzi nicht. Es sei ein "bisschen unglücklich, aber nicht dramatisch", beruhigte angeblich Van Rompuy. Dass diese Details einer geheimen Sitzung, bei der kein Protokoll geschrieben wird, an die Öffentlichkeit dringen, ist nicht alltäglich. Renzi muss sich aber so geärgert haben, dass er ein paar Geheimnisse lüftete. Hinter vorgehaltener Hand fanden etliche Kollegen Renzis Bruch des Gipfel-Rituals "erfrischend".

Betroffen machte den Italiener, dass die Kandidatur von Außenministerin Federica Mogherini als EU-Außenbeauftragte von osteuropäischen Regierungsvertretern mit der Bemerkung "zu Russland-freundlich" und "pro-Kreml" sowie "zu unerfahren" vorerst verhindert wurde. Renzi wollte von seinen Amtskollegen erfahren, ob sie ihre Argumente gegen Mogherini belegen könnten. Angeblich herrschte eisernes Schweigen. Niemand konnte oder wollte erklären, warum die 41-Jährige nicht geeignet sei, EU-Chefdiplomatin zu werden.

Renzi fühlt sich dadurch ermutigt, beim vierten Personal-Gipfel am 30. August Mogherini durchzubringen. Selbst Merkel besann sich am Ende des Gipfel eines Besseren und sagte, es gebe "eine gewisse Logik", dass nun der Posten des Außenbeauftragten, der auch Vizepräsident der Kommission ist, an die Sozialdemokraten gehe.

Enge Achse

Der EU-Gipfel scheiterte bei dem Versuch, Jean-Claude Juncker in seiner neuen Rolle als Kommissionspräsident auffliegen zu lassen. Wichtige Akteure wie Bundeskanzlerin Angela Merkel wollten ihm bestimmte Kommissare inklusive Dossier ins Heft diktieren. Sie blitzten ab. Juncker machte klar, dass er diese Entscheidung in Absprache mit den Regierungschefs treffen werde.

Mit Bundeskanzler Werner Faymann spricht er sehr oft, er ist Junckers Kontaktperson zu den sozialdemokratischen Regierungschefs.

Dass Juncker wegen der Frauenquote noch an der österreichischen Nominierung von Kommissar Johannes Hahn rütteln könnte, glaubt Faymann nicht. Slowenien will die noch amtierende Ministerpräsidentin Alenka Bratušek als Kommissarin nominieren.

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