Rechtsruck bei Präsidentenwahl in Polen

Ein Ständchen auf den Wahlsieg - Andrzej Duda singt mit seiner Familie die Nationalhymne
Klarer Sieg des nationalkonservativen Andrzej Duda bei Präsidentenwahl besorgt Liberale.

Andrzej Duda, der designierte Präsident Polens, war am Montag schon früh wieder unterwegs – im lässigen Pulli verteilte er Kaffee an Passanten in der U-Bahnstation "Centrum" in Warschau. "Wir haben viele Probleme zu lösen, aber ich denke, wir kommen zurecht", meinte er bestens gelaunt. Mit 52 Prozent konnte der Politiker der nationalkonservativen "Recht und Gerechtigkeit" (PiS) in der Stichwahl am Sonntag Amtsinhaber Bronislaw Komorowski schlagen, der mit der konservativ-liberalen Regierungspartei "Bürgerplattform" (PO) verbunden ist.

Die volksnahe Art des 43-Jährigen war einer der Gründe für den Sieg. Duda traf sich unzählige Male mit Menschen in strukturschwachen Gebieten – während der etwas schwerfällig wirkende Komorowski von Polens "goldenem Zeitalter" sprach. Doch trotz Wirtschaftswachstum leiden junge Polen an schlecht bezahlten, befristeten Arbeitsverträgen; die älteren Menschen am maroden Gesundheitssystem und knappen Pensionen.

Komorowski gratulierte zwar dem Gewinner, beschwerte sich aber auch über eine "Wellen des Hasses", die Polen gefährde. Das nationalkonservative Lager um die Partei des Herausforderers Andrzej Duda, "Recht und Gerechtigkeit" (PiS), hat Komorowski nie als Präsident akzeptiert und ihm nie verziehen, Lech Kaczynski im Amt "beerbt" zu haben, der beim Flugzeugabsturz bei Smolensk 2010 starb.

Die meisten Wahlhelfer Komorowskis wollten Sonntagnacht keine rechte Auskunft über die Gründe des Scheiterns geben. Zwei meinten, Komorowski sei stellvertretend für die Regierungspolitik der PO abgestraft worden, zudem habe Duda viele Versprechen gemacht.

Der EU-Parlamentarier Andrzej Duda trat tatsächlich mit sozialpolitischen Verheißungen an – einem Milliarden-Hilfsprogramm etwa, ohne die Finanzierung zu erklären. Wirklich politisch gestalten kann er Kraft seines Amtes ohnehin nicht.

Kaczynski-Comeback?

Jerzy Buzek, der ehemalige Präsident des Europaparlaments und PO-Mitglied, sah die Lage am Sonntagabend in Warschau entspannt. "Ich glaube nicht, dass sich durch die Wahl an der Außenpolitik Polens viel ändert", sagte er beim Nachhausegehen dem KURIER.

Anders würde es aussehen, würde die PiS die Parlamentswahlen im Oktober gewinnen. Wie Wahlkampfleiterin Beata Szydlo erklärte, wird PiS-Parteichef Jaroslaw Kaczynski wieder antreten. Sie nannte ihn ein "politisches Genie" dem Dudas Sieg zu verdanken sei. Der Zwillingsbruder des verstorbenen Präsidenten regierte zwischen 2005 und 2007 als Parteichef und später Premier und griff mit polizeistaatlichen Methoden politische Gegner an.

Eine gewichtige Rolle wird auch Pawel Kukiz spielen: der ehemalige Rocksänger gewann in der ersten Wahlrunde über 20 Prozent. Mit seinem diffusen Wir-gegen-die-da-oben-Programm könnte er nach geplanter Parteigründung mit der PiS koalieren. Das liberale Polen beginnt sich nun zu fürchten.

Besonders angesichts des aktuellen Konflikts mit Russland fragen sich viele Kommentatoren, wie Duda wirklich tickt. Polen war bislang klarer Unterstützer der neuen Kiewer Regierung und von Sanktionen gegen Moskau. Duda sprach sich sogar für die Entsendung von Truppen in die Ukraine aus. Jüngst aber betonte er die Notwendigkeit des Dialogs mit Moskau. Gegenüber Deutschland wird er jedenfalls konfrontativer auftreten als sein Vorgänger.

Die große Komorowski- Torte jedenfalls fand Sonntagnacht in der "Festung Sokolnickiego", wo die Party des Amtsinhabers gefeiert werden sollte, nur wenig Liebhaber; den PO-Anhängern war der Appetit vergangen.

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