Berlusconi offenbar vor Gnaden-Gesuch

Former Italian Prime Minister Silvio Berlusconi closes his eyes in a gesture to supporters during a rally to protest his tax fraud conviction, outside his palace in central Rome August 4, 2013. Tensions in Italy's squabbling coalition heightened ahead of a rally by supporters of Silvio Berlusconi in Rome on Sunday in protest at a tax fraud conviction that threatens his future in politics and the fragile government. REUTERS/Alessandro Bianchi (ITALY - Tags: POLITICS CIVIL UNREST TPX IMAGES OF THE DAY)
Italiens Ex-Premier Silvio Berlusconi will Giorgio Napolitano um Gnade bitten - dieser hat jedoch bereits abgesagt.

Das hätte sich der Cavaliere wohl auch nicht erträumen lassen. Nach Italiens Ex-Premier Silvio Berlusconi zu vier Jahren Haft verurteilt worden war, muss er seine letzte Hoffnung auf Straffreiheit in die Hände von Staatspräsident Giorgio Napolitano legen. Nach Angaben seines Anwalts Piero Longo wolle Berlusconi den Staatschef um Gnade bitten. "Ich glaube, dass Berlusconi früher oder später die Begnadigung beantragen wird“, so Longo in einem Radiointerview am Mittwoch.

Longo nahm dabei Bezug auf eine Presseaussendung Napolitanos, in der der Präsident am Dienstag einen "Akt der Milde“ nicht ausgeschlossen hatte, die Möglichkeiten dafür aber als relativ gering bezeichnet hatte. "Ein rechtskräftiges Urteil und die daraus folgende Verpflichtung es umzusetzen, muss berücksichtigt werden", so Napolitano.

Kritik von allen Seiten

Longos Worte lösten ihrerseits wieder heftige Reaktionen aus. Der Chef der oppositionellen Protestbewegung "Fünf Sterne“, Beppe Grillo, warnte, dass Italiens staatliche Institutionen zugrunde gehen würden, sollte Präsident Napolitano Berlusconi begnadigen.

Grillo meinte, Napolitano müsste sofort zurücktreten, sollte er Berlusconi dies gewähren. Unter dem Druck der Polemik machte Rechtsanwalt Longo einen Rückzieher. Er habe nie behauptet, dass Berlusconi die Absicht habe, um Begnadigung zu bitten.

Bereits zuvor hatte die Berlusconi-Partei "Volk der Freiheit" (PdL) naturgemäß enttäuscht auf die Aussagen Napolitanos reagiert. sie riefen Napolitano auf, die Interessen des Landes zu respektieren.

Marina will nicht

Marina Berlusconi, älteste Tochter des TV-Tycoons, betonte indes, sie habe keine Absicht, anstelle ihres Vaters Silvio das Ruder der PdL zu übernehmen. "Ich beteuere wieder einmal kategorisch, dass ich niemals die Aussicht in Erwägung gezogen habe, mich politisch zu engagieren", betonte die Präsidentin der Holding Fininvest und der Verlagsgruppe Mondadori in einer Presseaussendung. Sie reagierte somit auf kursierende Spekulationen, nach denen sie im September als neue Parteichefin vorgestellt werden könnte.

Die Aussicht auf eine Kandidatur der Managerin hatte in den vergangenen Tagen heftige Diskussionen im politischen Rom ausgelöst. Der Gründer der rechtspopulistischen Oppositionspartei Lega Nord, Umberto Bossi, hatte ihr Erfolgschancen eingeräumt. "Marina könnte das Ruder ihres Vaters übernehmen und als Frau wäre sie bevorzugt. Derzeit ist eine positive Phase für Frauen", analysierte Bossi. Seiner Ansicht nach sei Berlusconi, mit dem er in den vergangenen Jahren eine Mitte-Rechts-Allianz eingegangen war, politisch nicht am Ende. "Er hat eine Kämpfernatur und gibt nicht auf. Wegen der Verurteilung ist seine Popularität sogar gewachsen, die Leute sind auf seiner Seite", kommentierte der "Senatur". Er bestritt, dass Berlusconi wie der Ex-Premier und Sozialistenchef Bettino Craxi im Exil im Ausland enden könnte.

Hausarrest in der Villa

Berlusconi muss aufgrund seines Alters nicht ins Gefängnis. Für Bürger jenseits der 70 mit vergleichsweise kurzen Haftstrafen sieht das italienische Recht Hausarrest vor. Bis Mitte Oktober haben die Rechtsanwälte des Mitte-Rechts-Chefs Zeit, beim Gericht anstelle des Hausarrests gemeinnützige Arbeit zu beantragen. Allerdings hat Berlusconi bereits erklärt, er werde nicht "wie ein normaler Krimineller" Sozialdienst tun. Somit würde er wohl unter Hausarrest gestellt - in einem Anwesen seiner Wahl. Als wahrscheinlich gilt, dass Berlusconi sich für seine Residenz Palazzo Grazioli im Herzen Roms entscheidet. Von dort aus könne er besser für eine Begnadigung oder für eine Revision des Prozesses kämpfen, hieß es im Umfeld des Medienzaren.

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