Putin verhängt harte Sanktionen gegen Türkei

Treue Erdogan-Fans: Demos gegen Putin in Ankara
Der Abschuss eines russischen Kampfjets sorgt für Eiszeit zwischen Moskau und Ankara.

Russische TV-Programme in den Zimmern, Pelzmäntel in der Hotelboutique, russische Abendanimation: Längst haben sich türkische Urlaubsorte auf russische Touristen eingestellt. Immerhin rösten jährlich 3,3 Millionen von ihnen an türkischen Mittelmeerstränden, die zweitgrößte Gruppe nach den Deutschen. Ein Herzstück der ohnehin krisengeschüttelten türkischen Wirtschaft gerät aber nun ins Visier der Führung in Moskau.

Denn Kremlchef Wladimir Putin reagiert mit weitreichenden Sanktionen gegen die Türkei auf den Abschuss eines russischen Kampfflugzeugs. Mit einem Dekret verbietet oder begrenzt der russische Präsident vorübergehend die Einfuhr bestimmter türkischer Waren, wie der Kreml am Samstagabend mitteilte. Türkische Unternehmen müssen bestimmte, von der Regierung festgelegte Aktivitäten in der Russischen Föderation einstellen. Überdies dürfen russische Unternehmen vom 1. Jänner 2016 an vorübergehend keine türkischen Bürger mehr einstellen.

Der Erlass des Präsidenten sieht auch verschärfte Kontrollen des Verkehrs zwischen beiden Länder vor. Türkische Lastwagen sowie Schiffe sollen an den Grenzen und in den Häfen stärker überprüft werden. Russland begründet dies mit Sicherheitsbedenken.

Charterflüge werden gestrichen

Besonders stark dürfte aber die Tourismusbranche leiden. Russische Reiseveranstalter können künftig keinen Urlaub in der Türkei mehr anbieten. Fluggesellschaften müssen zudem auf Charterflüge zwischen Russland und der Türkei verzichten.

Bereits am Freitag hatte Russland angekündigt, ab 1. Jänner die Visapflicht für türkische Bürger wieder einzuführen.

Eine Gruppe türkischer Geschäftsleute, die nur mit Touristenvisa ausgestattet eine Messe in Russland besuchen wollten, wurden vorübergehend festgenommen. Anlass genug für Ankara, auch seinerseits den Druck zu erhöhen. Türken sollten auf nicht unbedingt nötige Reisen nach Russland verzichten, gab die Regierung als offizielle Empfehlung aus. Außerdem sind in beiden Hauptstädten regierungstreue Demonstranten pflichtschuldig aufmarschiert, um gegen die jeweils andere Regierung zu protestieren.

Währenddessen geht der Streit über die Umstände des Abschusses am vergangenen Dienstag weiter. Nachdem das türkische Militär angebliche Warnungen, die man an den russischen Kampfjet ausschickte, veröffentlicht hat, erklärt Russlands Luftwaffe, dass die Piloten keinerlei Warnung empfangen hätten, weder von einem Flugzeug, noch von einer Bodenstation. Außerdem seien türkische Kampfjets schon Stunden vor dem Abschuss in der Absturzregion patrouilliert: "Das spricht für eine geplante Aktion."

Erdogan "wirklich betrübt"

"Ich bin über den Zwischenfall wirklich betrübt", ließ der türkische Staatschef Recep Tayyip Erdogan am Samstag wissen. "Wir wünschten, es wäre nie passiert, aber es ist passiert. Ich hoffe, dass sich so etwas nicht wiederholt." Die Stellungnahme war zwar die bisher versöhnlichste Erdogans zu dem Abschuss, der Kreml aber verlangte explizit eine Entschuldigung.

Für die militärische Zusammenarbeit der beiden Staaten im Krieg gegen den IS ist dies eine schwere Belastung. Schließlich wirft Moskau den Türken ohnehin vor, insgeheim die Terrormiliz zumindest zu tolerieren. Ankara dagegen sieht in Moskaus Militäraktion vor allem Unterstützung des verbündeten syrischen Diktators Assad. Russland nehme vorrangig andere Rebellengruppen statt des IS unter Feuer. Auf jeden Fall hat Russland seine Militäraktionen in Syrien in den vergangenen Tagen massiv verstärkt. Nachdem offensichtlich bereits Kampfhubschrauber eingesetzt wurden, operieren jetzt russische Eliteeinheiten laut Berichten des Spiegel auf dem Boden. Es gebe bereits erste russische Gefallene.

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