US-Milliarde für Partner im Osten

Barack Obama beim "Freund" in Warschau – den USA schlägt nicht nur Begeisterung entgegen.

Dzien dobry", "Guten Tag" sagte Barack Obama bei seinem Besuch am Dienstag in Warschau mehrfach bei seinen Auftritten. Nach ersten Analysen der polnischen Medien war es zumindest kein schlechter Tag – Barack Obama versprach für die NATO-Staaten im Osten Europas eine Milliarde Dollar für Verteidigungsprojekte.

Polen und andere Anrainerstaaten sind über das Eingreifen Russlands in der Ukraine besorgt, und Obama verteilte die entsprechenden Beruhigungspillen. Polen sei einer der "wichtigsten Partner" und "ein Freund, mit dem wir für immer vereint zusammenstehen", erklärte er zusammen mit dem polnischen Amtskollegen Bronislaw Komorowski vor F-16-Kampfflugzeugen, die Polen aus amerikanischen Beständen erworben hatte.

Warnung

Russland gegenüber kündigte er Konsequenzen an, sollte es die weitere territoriale Unversehrtheit der Ukraine verletzen. Die 600 Soldaten in Polen und den baltischen Ländern gäben "die Möglichkeit" zu einem weiteren Engagement. Dies wurde von vielen TV-Kommentatoren als zu wenig "konkret" angesehen.

Gegenüber Premier Donald Tusk versprach das amerikanische Staatsoberhaupt, Polen und der Ukraine bei der Energieunabhängigkeit von Russland zu helfen, und sprach von Gaslieferungen aus Amerika. Dies ermögliche das Freihandelsabkommen, das zwischen den USA und der EU gerade verhandelt werde. Die Stimmung zwischen Polen und dem Obama-Amerika, das sich eher Asien zuwandte, war lange unterkühlt.

Der amerikanische Präsident stoppte das von seinem Vorgänger George W. Busch versprochene Raketenschild-Projekt, für das sich 2009 Premier Donald Tusk persönlich innerhalb des Landes sehr engagiert hatte. Der Visum-Zwang für Polen ärgert ebenso wie der eher ungünstige Einkauf der F-16-Kampfflugzeuge und des defekten Boeing Dreamliners.

Der ruppige Alterspräsident Lech Walesa äußerte die polnische Enttäuschung entsprechend: "Früher konnte man sich auf die USA verlassen, sie war wie ein Rettungsanker", so der Ex-Solidarnosc-Chef. Doch zurzeit hätten die USA die "moralisch-politische Führerschaft" verloren.

Obama wird am Mittwoch an den Feierlichkeiten zu Polens 25. Jahrestag der ersten freien Wahlen im damaligen Ostblock teilnehmen. Dazu sind 40 internationale Staatsgäste geladen, darunter Bundespräsident Heinz Fischer.

Er ist ein Urgestein der polnischen Demokratiebewegung – Janusz Onyszkiewicz (76) war bei den ersten freien Wahlen als Sprecher der Solidarnosc in Polen vor genau 25 Jahren vorne dabei. Später war er mehrmals Verteidigungsminister und Vizepräsident des EU-Parlaments.

KURIER: Vor 25 Jahren fanden in Polen die ersten freien Wahlen im Ostblock statt. Was war die Herausforderung?
Janusz Onyszkiewicz: Beide Seiten, die Solidarnosc sowie die „Polnische Vereinigte Arbeiterpartei“ (PZPN), waren überzeugt, dass das bisherige System, von seinem Ansatz her totalitär, in ein „autokratisches System“ umgewandelt wird, das einige Freiheiten zulassen sollte. Jedoch: Die Seite der Staatspartei wollte durch die Wahl eine neue Legitimation ihrer Macht – wir sahen die Wahl als den Anfang der Demokratisierung unseres Landes.

Glaubten Sie immer an den Wahlsieg?
Ich hatte die starke Hoffnung, war aber nicht sicher. Wir hatten nur zwei Monate Zeit zur Vorbereitung und keinen Zugang zu den Medien – die andere Seite hatte dies alles. Und sie war siegessicher. Dort tauchte sogar die Überlegung auf, die Ergebnisse zu unserem Vorteil zu verändern, damit der Westen keine Vorwürfe erhebt, es gebe Manipulationen.

Die Solidarnosc gewann alle ihr damals ermöglichten 161 Mandate und besetzte 35 Prozent der Sitze im Sejm. Ein großer Erfolg?
Ja. Wir konnten das damals nur nicht so feiern. Wir wussten, dass die Macht rein formal in der Lage war, die Wahlen nicht anzuerkennen.
Das ist einer unserer größten Erfolge unserer Geschichte. Heute sind wir unabhängig, die Wirtschaft entwickelt sich gut und die Armut geht zurück.

Nicht alle sind zufrieden: Die Vergehen der kommunistischen Regierung blieben ungesühnt.
Das Auswechseln der gesamten politischen Klasse wäre eine Wiederholung der Kulturrevolution in China gewesen. Sicherlich wollten die Rechten dies nicht in diesem blutigen Ausmaß betreiben, aber von der politischen Idee her wäre es fast das Gleiche gewesen. Die Kommunisten saßen aber mit uns im Parlament und stimmten gemeinsam den Reformen zu.

Sicherheit ist zurzeit ein wichtiges Thema in Polen, auch anlässlich des Besuchs von Barack Obama. Was meinen Sie als polnischer Verteidigungsexperte zur derzeitigen Krise in der Ukraine?
Moskau versteht nur die Sprache der Macht. Die NATO muss darum eine klare Sprache sprechen und mehr Soldaten in Polen stationieren. Zudem sollte die NATO mehr militärische Ausrüstung nach Polen schicken, so wie in Norwegen, so dass im Ernstfall nur die Soldaten transportiert werden müssten.

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