Auf dem Weg nach rechts rollen Köpfe

Ex-Premier Jaroslaw Kaczynski gestaltet den Staat.
Die neue Rechtsregierung räumt Kritiker aus dem Weg, Opposition ist gelähmt.

Selbst in den Pausen der Sitzungen im Sejm, Polens Parlament, setzen die Politiker der Regierungspartei "Recht und Gerechtigkeit" (PiS) die Opposition unter Druck. Unterhalten sich Abgeordnete der früheren Regierungspartei "Bürgerplattform" (PO), so werden sie mittels Smartphones von ihren Kontrahenten demonstrativ abgehört.

Als "Gangsterbenehmen" kritisierte dies PO-Chefin Ewa Kopacz, die am 25. Oktober als Ministerpräsidentin abgewählt wurde. Doch ansonsten verhält sich die Opposition wie erstarrt, angesichts der Umwälzungen, die die allein regierende nationalkonservative Regierungspartei derzeit vollzieht.

Soeben wurde in einer Sejm-Sitzung die Wahl von fünf Verfassungsrichtern annulliert, die noch Mitte Oktober vom alten Parlament bestimmt worden waren. Die neue Regierung will ihr genehme Richter einsetzen. Hochrangige Juristen sprechen offen von Rechtsbruch. Doch gibt es bald niemanden mehr, der diesen Rechtsbruch einklagen kann. Die PO-Politiker verließen in dieser Sitzung demonstrativ den Sejm, nur die neue marktradikale Partei, "die Modernen", kämpfte gegen den politischen Willkürakt – allerdings auf verlorenem Posten.

Opposition zerstritten

Die Bürgerplattform ist derzeit vor allem intern mit einem Ringen um die Macht befasst – der ehemalige Außenminister Grzegorz Schetyna und der ehemalige Verteidigungsminister Tomasz Siemoniak kämpfen um den Posten des Parteichefs; Kopaz will nicht mehr.

"Die liberale Opposition verschläft den Kampf um die Demokratie", zürnt Tomasz Lis, Fernsehmoderator und Chef der Newsweek Polska. Er gilt als einflussreichster Kritiker der Partei. Aus dem Staatsfernsehen TVP wird er jedoch ab Jänner verschwinden. Auch da hat die Regierung längst den politischen Kurswechsel eingeleitet. Sie will die staatlichen Medien direkt dem "Ministerium für Kultur und Nationales Erbe" unterstellen, um so besser in Programm und Personal eingreifen zu können.

Drohungen gegen Justiz

Bei den Geheimdiensten ist dies bereits geschehen. Minister Mariusz Kaminski entließ die führenden Köpfe. Zwar ist er mit einer dreijährigen Haftstrafe vorbelastet, doch der PiS-nahe Staatspräsident Andrzej Duda begnadigte den Minister im Eilverfahren.

Eilverfahren ist die Devise. Viele glaubten, dass Strippenzieher und Parteichef Jaroslaw Kaczynski, der derzeit Ex-Kulturmanagerin Beata Szydlo regieren lässt, die Ummöblierung des Staates vorsichtiger angeht.

Doch nun droht Kaczynski schon Richtern, die die Abberufung der Verfassungsrichter kritisierten, mit Verfahren. Auch Mitglieder seiner Partei sparen nicht mit Kampfansagen, darunter die Sprecherin der Partei, Elzbieta Witek. So wollte man EU-Ratspräsident Donald Tusk, der bis 2014 Polen regierte, sogar vor das Verfassungsgericht bringen. Schließlich habe sich der damalige Premier nicht für die Aufklärung des Flugzeugabsturzes bei Smolensk engagiert, wo Präsident Lech Kaczynski und seine Entourage verunglückte.

Für Polens Rechte bis heute ein Trauma, in dem antirussische Verschwörungstheorien gut gedeihen. Ex-Premier Tusk, der davon nichts wissen wollte, gilt für die Rechten als Landesverräter.

Die Umerziehung der Nation – das ist das große Ziel, das Jaroslaw Kaczynski im Auge hat.

Kommentare