Pariser Attentäter lebte in deutschem Asylheim

Der Mann soll laut französischem Innenminister auch in der Schweiz und in Luxemburg gewesen sein.

Die Spur des am Donnerstag bei einem Angriff in Paris erschossenen Attentäters führt nach Deutschland. Der Tunesier wohnte zeitweise in einer Asylbewerberunterkunft in Recklinghausen, wie das Landeskriminalamt in Düsseldorf in der Nacht zum Sonntag mitteilte.

Nach einem Hinweis der französischen Sicherheitsbehörden untersuchten Polizisten die Wohnung des Mannes auf dem Gelände einer Asylbewerberunterkunft in der nordrhein-westfälischen Stadt.

Pariser Attentäter lebte in deutschem Asylheim
French Interior minister Bernard Cazeneuve arrives to the Rue de la Goutte d'Or in northern Paris on January 7, 2016, after police shot dead a man who attempted to attack a police station. French police shot dead a knife-wielding man on January 7 as he attacked a police station in Paris, a year to the day since jihadist gunmen killed 12 people at Charlie Hebdo newspaper. / AFP / FLORIAN DAVID

Am Jahrestag der Charlie-Hebdo-Anschläge

Der Angreifer hatte am Jahrestag des Anschlags auf die Satirezeitung Charlie Hebdo am Donnerstag mit einem Metzgerbeil bewaffnet und "Allah Akbar" (Gott ist groß) rufend Polizisten vor einem Kommissariat im Pariser Viertel Goutte d'Or attackiert. Die wachhabenden Polizisten erschossen den Mann, der auch eine Sprengstoffgürtel-Attrappe trug.

Bei der Durchsuchung der Wohnung "wurde kein Sprengstoff gefunden", sagte der Chef des LKA, Uwe Jacob, am Nachmittag in Düsseldorf. Es seien auch keine Hinweise aufgetaucht, wonach der Mann Straftaten in Deutschland habe ausführen wollen. Das LKA setzte eine eigene Ermittlungskommission ein: Diese stimme sich eng mit den französischen Sicherheitsbehörden ab.

Nach Angaben des französischen Innenministers Bernard Cazeneuve handelte es sich offenbar um einen Einzeltäter. Seiner Kenntnis nach hatte der junge Mann keine Komplizen, sagte Cazeneuve am Sonntag den Sendern Europe 1 und iTele. Er habe sich wohl in mehreren europäischen Staaten aufgehalten, in Deutschland, aber auch in Luxemburg und in der Schweiz.

Pariser Attentäter lebte in deutschem Asylheim
TOPSHOT - A picture taken on January 7, 2016 shows a makeshift memorial for the victims of Paris attacks at the Place de la Republique in Paris, as France holds official ceremonies marking a year since a jihadist attack on the offices of Charlie Hebdo, with the French satirical magazine defiantly reasserting its provocative spirit. / AFP / ERIC FEFERBERG

IS-Bekennerschreiben

Aus französischen Ermittlerkreisen hieß es, der Tote sei als ein Tunesier namens Tarek Belgacem identifiziert worden. Bei der Leiche war ein Bekennerschreiben mit einer aufgemalten Fahne der Dschihadistenmiliz "Islamischer Staat" (IS) gefunden worden, in dem der Mann IS-Chef Abu Bakr al-Baghdadi die Treue schwört.

Bereits am Freitag war eine erste Spur nach Deutschland bekannt geworden: Nach Angaben der französischen Behörden hatte der Mann ein Handy mit einer deutschen SIM-Karte dabei.

Wie die Welt am Sonntag unter Berufung auf deutsche Sicherheitskreise berichtete, hatte der Mann in Deutschland unter dem Namen Walid Salihi Asyl beantragt. Insgesamt war er demnach unter vier Aliasnamen in der Bundesrepublik registriert. Als Staatsangehörigkeit habe er mal syrisch, mal marokkanisch, mal georgisch angegeben.

Amtsbekannt in Deutschland

In Deutschland war der Mann dem Bericht zufolge schon mehrfach polizeilich in Erscheinung getreten. In der Flüchtlingsunterkunft in Recklinghausen habe er im September das Zeichen des IS an die Wand gemalt. Im Dezember sei er aus der Unterkunft verschwunden, berichtete das ZDF unter Berufung auf Sicherheitskreise.

Ein tunesisches Paar, das sich als Tareks Eltern vorstellte, hatte am Samstag im tunesischen Radiosender Sabra FM bestätigt, dass sich ihr Sohn kürzlich in Deutschland aufgehalten habe. "Er hat nichts getan", sagte die Frau und warf den französischen Behörden vor, ihren Sohn grundlos getötet zu haben. Der Mann beteuerte, sein Sohn Tarek habe keiner extremistischen Organisation angehört.

Recklinghausens Bürgermeister Christoph Tesche (CDU) zeigte sich bestürzt, dass der Attentäter in einer Asylbewerberunterkunft seiner Stadt gelebt hatte. Er wolle nun gemeinsam mit den zuständigen Behörden "sehr intensiv daran arbeiten", dass sich Islamisten nicht "in unseren Einrichtungen verstecken können", erklärte Tesche.

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