Österreich klagt gegen Finanzierung von britischem Atomkraftwerk

Österreich klagt gegen Finanzierung von britischem Atomkraftwerk
Die österreichische Regierung hat die Klage gegen den Ausbau des AKW Hinkley Point offiziell beschlossen.

Die österreichische Regierung hat am Dienstag offiziell ihre Klage gegen die Finanzierung des britischen Atomkraftwerks Hinkley Point beschlossen. Dies gaben Bundeskanzler Werner Faymann (SPÖ) und Vizekanzler Reinhold Mitterlehner (ÖVP) im Pressefoyer nach dem Ministerrat bekannt. Formal einbringen werde man sie kommenden Montag.

Faymann sieht in der Klage auch eine "symbolische Bedeutung", denn Österreich signalisiere damit den Ländern, die aus der Atomkraft aussteigen, Unterstützung. Mitterlehner betrachtet die Klage als Chance, die EU dazu zu bringen, "die Kostenfrage bei Atomkraftwerken intensiver" zu diskutieren. Denn "bei einem Atomkraftwerk verhält es sich wie beim Roulettespielen, wo sie 1.000 Euro für das Los zahlen und 100 Euro gewinnen können", da das Gesamtrisiko so "unverhältnismäßig groß" sei.

Die britische Regierung plant, den Ausbau des Atomkraftwerkes mit 23 Milliarden Euro zu subventionieren. Die frühere Europäische Kommission unter Jose Manuel Barroso hat dies genehmigt. Aus Sicht Österreichs sind alternative Energieformen förderungswürdig, nicht aber die Kernkraft. Außerdem wurde der Kritikpunkt der Wettbewerbsverzerrung geäußert.

Großbritannien betonte demgegenüber, dass die Investitionen notwendig seien, um den Strombedarf des Landes auch in den nächsten Jahrzehnten decken zu können. Hinkley Point C ist der erste AKW-Neubau in Großbritannien seit Jahrzehnten und Teil des Vorhabens, ältere Reaktoren, die in den nächsten Jahren stillgelegt werden sollen, zu ersetzen. Auch andere Länder und Akteure wollen gegen das Grüne Licht der EU-Kommission für Subventionen klagen.

Reaktionen

Umweltschutzorganisationen und die Grünen haben die Ankündigung der Regierung begrüßt. "Das ist ein wichtiger Schritt gegen die Renaissance der Atomkraft in Europa", erklärte die Grüne Bundessprecherin Eva Glawischnig in einer Aussendung. "Die Entscheidung, der Atomkraft in Europa mit einer Beihilfe von 20 Milliarden Euro unter die Arme greifen zu wollen, war ein fatales energiepolitisches Signal seitens der letzten EU-Kommission. Diese Milliardensubventionen sind ein riesiger Skandal und ein Versuch der Wiederbelebung der unwirtschaftlichen Atomindustrie. Und zudem ein klarer Bruch des Wettbewerbsrechts."

GLOBAL 2000 sprach in einer Aussendung vom "Anfang vom Ende des Atomzeitalters". Österreich mische sich "keinesfalls in das souveräne Recht Großbritanniens ein, seinen Energiemix selbst zu bestimmen", unterstrich Reinhard Uhrig, Atom-Sprecher von GLOBAL 2000. Vielmehr handle es sich um eine "beihilfenrechtliche Klage" gegen eine "massive Wettbewerbsverzerrung": "Eine nach den EU-Verträgen illegale Subventionierung der versagenden Technologie Atomkraft hätte nach Willen der EU-Kommission einen gefährlichen Präzedenzfall für Atom-Neubaupläne in Tschechien, Ungarn und anderen Ländern geschaffen."

"Die Klage ist ein entscheidender Schritt gegen das Wiederaufleben der Atomindustrie in Europa", betonte auch Alexander Egit, Geschäftsführer von Greenpeace. Bundeskanzler Werner Faymann (SPÖ) und Vizekanzler Reinhold Mitterlehner (ÖVP) seien nun "aufgefordert, auch weiterhin AKW-Neubauprojekte - wie aktuell in Ungarn (Paks) - auf unerlaubte Staatsbeihilfen prüfen zu lassen". Mittlerweile nähmen "mehr als die Hälfte der EU-Mitgliedsstaaten defensive Positionen zu Atomenergie ein". Österreich müsse hier "aktiv Allianzen vorantreiben", so Egit.

Auch die Organisation atomstopp_oberoesterreich begrüßte die Klage. "Wir erwarten uns aber, dass Österreich auch einen Plan B ausarbeitet, wenn die Klage wegen EURATOM abgewiesen wird", erklärten Roland Egger und Gabriele Schweiger, Sprecher von atomstopp_oberoesterreich, in einer Aussendung. "Ein Ausstieg Österreichs aus EURATOM ist mehr denn je gerechtfertigt."

Die oekostrom AG kündigte unterdessen an, "als erster und bisher einziger österreichischer Stromversorger Nichtigkeitsklage beim Gerichtshof der Europäischen Union gegen die Erweiterung des britischen Atomkraftwerkes Hinkley Point" einzubringen. "Wir denken nicht nur, dass die Klage gute Erfolgsaussichten hat, sondern auch, dass wir damit den weiteren Ausbau von Atomkraft nahe der österreichischen Grenze - wie im ungarischen Paks und an den tschechischen Standorten Temelin und Dukovany - aufhalten können", so Lukas Stühlinger, Finanzvorstand der oekostrom AG, in einer Pressemitteilung. Die Klage sei fertig und werde in den nächsten Tagen eingebracht.

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