Nordkorea lässt sich bei Atomtests nicht stoppen

Der Test sei "sicher und perfekt" abgelaufen, so das Regime in Nordkorea.
Die Welt droht Kim Jong-Un harte Strafen für den jüngsten nordkoreanischen Atomtest an, doch der Diktator hat wenig zu befürchten.

Allein schon der Zeitpunkt war eine Provokation: Genau einen Tag vor Barack Obamas „Rede zur Lage der Nation“, in der der US-Präsident weitreichende atomare Abrüstungsschritte verkünden wollte, zündete Nordkorea zum dritten Mal eine Atombombe. Die Wucht der unterirdischen Explosion war gewaltig: Nach Schätzungen internationaler Experten soll die Sprengkraft rund ein Drittel der Hiroshima-Bombe betragen haben, Seismologen registrierten ein Erdbeben der Stärke 5. Erderschütterungen dieses Ausmaßes sind bis zu 30 Kilometer weit zu spüren, an Gebäuden entstehen Schäden.

Für Nordkoreas Führung ein Grund zum Jubeln: Die Zündung einen Kilometer tief unter der Erde sei „eine sichere und perfekte Art und Weise“ gewesen, einen Atomtest auszuführen, der überdies „keinen Schaden an der Umwelt angerichtet habe“.

Bedrohung

Für den Rest der Welt aber ist Nordkoreas neuerlicher Atomtest mehr als nur eine dreiste Provokation eines Gewaltregimes, das sich trotz internationaler Wirtschaftssanktionen nicht bremsen lässt. Von Washington bis Peking schrillen die Alarmglocken: Erstmals dürfte es den Militärs des jungen Diktators Kim Jong-Un gelungen sein, einen nach eigenen Angaben „miniaturisierten und leichteren Sprengsatz“ zu entwickeln. Zusammen mit der erst im Dezember erfolgreich getesteten Unha-3-Langstreckenrakete ergibt sich damit, wie Experten befürchten, ein bedrohliches Szenario: Nordkorea könnte technologisch nun so weit sein, einen waffenfähigen Atomsprengsatz samt bestückbarer Trägerrakete zu bauen – die wiederum sogar die USA erreichen könnte.

Entsprechend harsch reagierten die USA, aber auch Nordkoreas Nachbarn Südkorea, Japan und Russland: Nordkorea handle „unverantwortlich“ und müsse bestraft werden. Noch am Dienstag wurde der UN-Sicherheitsrat zu einer Sondersitzung einberufen, eine weitere Verschärfung der Sanktionen gegen das Regime in Pjöngjang wurde erwartet.

Doch die friedlichen Möglichkeiten, Nordkorea und sein Atomwaffenprogramm zu sanktionieren, sind weitgehend ausgeschöpft. Das 22-Millionen-Einwohner-Land steht bereits seit seinem ersten Atomtest im Jahr 2006 unter Embargo.

Kriegsgefahr

Mit militärischen Mitteln gegen Nordkorea vorzugehen aber gilt als ausgeschlossen. Die Gefahr, dass dann die gesamte koreanische Halbinsel in einem Krieg versinkt, wird als groß eingeschätzt, China würde seinem Verbündeten Nordkorea zur Seite stehen. Die USA, militärische Alliierte Südkoreas, würden in einen Krieg mit unabsehbaren Folgen hineingezogen.

Einzig China hätte es in der Hand, seinen kleinen, unruhigen Nachbarn über den Umweg der Wirtschaft zu „zähmen“. 90 Prozent aller Öllieferungen und nahezu alle finanziellen Ströme laufen aus dem Reich der Mitte nach Nordkorea.

Doch Peking setzt andere Prioritäten: An seinen Grenzen soll Ruhe herrschen, befürchtete Ströme bitterarmer nordkoreanischer Flüchtlinge sind unerwünscht. Auch in Peking gilt die Diktatur der Kim-Dynastie als anachronistisch und verschroben. Doch sie kann sich der Unterstützung Chinas sicher sein, solange Kim Jong-Un und sein riesiger Militärapparat die Stabilität Nordkoreas garantieren. Aber auch China reagierte am Dienstag unerwartet scharf. Über den jüngsten Atomtest sei man „sehr unzufrieden“ und lehne ihn „absolut ab“.

Nordkorea hat einen dritten Atomwaffentest unternommen - nach denen von 2006 und 2009. Das Atomprogramm des weitgehend abgeschotteten kommunistischen Staates verunsichert die Weltgemeinschaft und hat wiederholt zu Sanktionsbeschlüssen im UNO-Sicherheitsrat geführt:

1989: Ein US-Spionagesatellit macht erste Aufnahmen der nordkoreanischen Atomanlage Yongbyon.

1994: Pjöngjang legt den Atomreaktor im Rahmen eines Abkommens mit den USA still und erhält dafür Zusagen für den Bau zweier Leichtwasserreaktoren.

1998: Abschuss einer nordkoreanischen Langstreckenrakete vom Typ Taepodong-1.

2002: US-Präsident George W. Bush erklärt Nordkorea im Jänner zu einem Teil der "Achse des Bösen". Im Dezember reaktiviert Pjöngjang den Atomreaktor Yongbyon und weist Inspektoren der Internationalen Atomenergiebehörde (IAEO bzw. IAEA) aus.

2003: Nordkorea kündigt im Jänner den Atomwaffensperrvertrag auf. Im August beginnen Sechs-Nationen-Gespräche zur Beendigung des nordkoreanischen Atomprogramms mit Nord- und Südkorea, China, USA, Japan und Russland.

2005: Nordkorea gibt im Februar bekannt, Atomwaffen zur Selbstverteidigung hergestellt zu haben.

2006: Nordkorea nimmt am 9. Oktober den ersten Atombomben-Test vor. Der UNO-Sicherheitsrat beschließt Sanktionen.

2007: Nordkorea erklärt sich im Februar bereit, die Anlage in Yongbyon abzuschalten und Atominspektoren wieder ins Land zu lassen. Im Juli erklärt die IAEO, Yongbyon sei geschlossen.

2009: Im April startet Nordkorea eine Langstreckenrakete mit tausenden Kilometern Reichweite. Die Regierung in Pjöngjang zieht sich aus den Sechs-Parteien-Gesprächen zurück und kündigt die Wiederaufnahme des Atomprogramms an. Am 24. Mai nimmt Nordkorea einen zweiten Atombombentest vor. Am 12. Juni werden die UNO-Sanktionen verschärft.

2011: Nach dem Tod des langjährigen nordkoreanischen Machthabers Kim Jong-il am 17. Dezember kommt sein jüngster Sohn Kim Jong-un an die Macht.

2012: Nach einem fehlgeschlagenen Test der Rakete Unha-3 im April gelingt ein zweiter Abschuss des Raketentyps im Dezember.

2013: Der UNO-Sicherheitsrat verschärft am 22. Jänner die Sanktionen erneut, zwei Tage später kündigt die Führung in Pjöngjang einen neuen Atomtest an. Am 12. Februar vollzieht Nordkorea nach eigenen Angaben "erfolgreich" einen unterirdischen Atomtest.

Kommentare