Niederlande: Schwere Wahlschlappe für Koalition

Galgenhumor bei Rutte
Die Große Koalition ist bei den Provinzwahlen für ihre Sparpolitik hart gestraft worden.

Das Regieren wird für die niederländische Koalition nach der Schlappe bei den Provinzwahlen schwer: Sozialdemokraten und Rechtsliberale verloren insgesamt ein Drittel ihrer Mandate, ergab das vorläufige Endergebnis in der Nacht zum Donnerstag. Entscheidend ist, dass auch das bisherige Bündnis mit drei Oppositionsparteien in der neuen Ersten Kammer des Parlaments keine Mehrheit mehr haben wird. Diese Kammer kann Gesetzesvorhaben blockieren. Die 75 Abgeordneten werden von den Provinzparlamenten am 26. Mai gewählt. Die Koalition und ihre drei Partner kommen nun nur noch auf 36 Sitze - zwei zu wenig.

Dramatisch sind die Verluste der sozialdemokratischen Partei für die Arbeit. Sie verlor in den zwölf Provinzen 7,7 Prozentpunkte im Vergleich zur Wahl 2011 und fast die Hälfte ihrer Sitze in der Ersten Kammer. Fraktionschef Diederik Samsom erkannte die schmerzhafte Niederlage an. "Wir wussten, dass wir in dieser Regierung Maßnahmen ergreifen mussten, die uns bei den Wählern nicht populär machen."

Die Koalition hatte seit ihrem Antreten vor zwei Jahren ein umfassendes Sparprogramm von 51 Milliarden Euro durchgesetzt. Vor allem linke Wähler erteilten den Sozialdemokraten die Quittung für einschneidende Kürzungen im Sozial-, Gesundheits- und Rentensystem. Vom noch frischen wirtschaftlichen Aufschwung, so erkannte auch der rechtsliberale Ministerpräsident Mark Rutte, "spüren viele Menschen noch zu wenig".

Kooperation nötig

Bei der Wahlparty seiner Anhänger in einem Gasthaus in Den Haag hatte Rutte sich aber als Sieger präsentiert. Schließlich wurde seine Partei knapp stärkste Kraft. "Ach, wir haben ein paar Sitze verloren", versuchte er den Verlust von 3,5 Prozentpunkten wegzulachen.

Beide Regierungsparteien wollen dennoch weiter zusammen arbeiten und schließen Neuwahlen aus. Doch Rutte hat nun ein großes Problem. Seine Koalition ist jetzt auf die Stimmen von mindestens vier Oppositionsparteien angewiesen, um vor allem die längst geplante große Steuerreform durchzubringen. "Wir werden unseren Kurs halten und konstruktive Kräfte im Parlament suchen", sagte er zuversichtlich.

Die beiden klaren Wahlsieger, die sozialistische Partei SP und die linksliberale D66, forderten bereits stärkeren Einfluss auf die Regierungspolitik. Auch die Christdemokraten, die leichte Gewinne verzeichneten, wollen mitbestimmen.

Schlappe für Wilders

Niederlande: Schwere Wahlschlappe für Koalition
epa04668624 Party for Freedom (PVV) party leader Geert Wilders talks to the press during the election evening of his party of the provincial elections in The Hague, The Netherlands, on 18 March 2015. The Dutch are voting for members of parliament in their province, and will elect the members of the Dutch Senate in May. EPA/Jerry Lampen
Sichtlich mitgenommen trat der Rechtspopulist Geert Wilders vor die TV-Kameras. Entgegen den Vorhersagen hatte seine Partei für die Freiheit leicht verloren. Es war die vierte Wahlschlappe in Folge. "Ich hatte mehr erwartet", gab der wasserstoffblonde Rechtsaußen zu und machte die niedrige Wahlbeteiligung von 49 Prozent für die Verluste seiner Partei verantwortlich.

Die Provinzwahlen zeigten erneut eine sehr zersplitterte Parteienlandschaft in den Niederlanden. Sechs Parteien haben jeweils einen Stimmenanteil von zehn bis 15 Prozent, dazu kommen noch sechs kleine Parteien. Auch Neuwahlen würden an der jetzigen Lage nichts ändern. Für eine bequeme Mehrheit in der Ersten Kammer wäre eine Koalition von mindestens vier Parteien notwendig.

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