Ein Venezuela ohne Chávez?

Venezuela's President Hugo Chavez (R) gestures next to Foreign Minister Nicolas Maduro at the World People's Conference on Climate Change and the Rights of Mother Earth in Tiquipaya on the outskirts of Cochabamba in this April 22, 2010 file photo. After rising from bus driver to union leader to vice president Maduro could soon be at the helm of the South American OPEC nation if a third bout of cancer pulls Chavez out of office. Anointed as the former soldier's successor, Maduro is the most popular of Chavez's inner circle and the most qualified to carry on his oil-financed socialism. REUTERS/David Mercado/Files (VENEZUELA - Tags: POLITICS HEALTH)
Der krebskranke Präsident könnte sich noch vor der Angelobung im Jänner zurückziehen. Ein chaotischer Machtkampf droht.

Sogar sein Twitter-Account schweigt. Seit fast zwei Monaten hat Venezuelas Staatschef den sonst so beliebten Kurznachrichtendienst nicht mehr benützt. Nach der Bestimmung eines Nachfolgers und einer erneuten Operation in Kuba ist das ein weiteres Indiz für Hugo Chávez' schlechter werdenden Gesundheitszustand. Auch im Fernsehen zeigt sich Chávez dieser Tage kaum.

Dabei soll der krebskranke Präsident nach seiner Wiederwahl im Oktober am 10. Jänner angelobt werden und damit seine mittlerweile vierte Amtszeit antreten. Derzeit weilt er weiterhin in einem Krankenhaus auf Kuba. Ob er rechtzeitig zurückkehrt, ist ungewiss. Zeigt er sich nicht persönlich zur Angelobung in zwei Wochen, müssten innerhalb von dreißig Tagen Neuwahlen stattfinden. Das hat Chávez selbst in der Verfassung von 1999 festgelegt.

Revolutionäre Attitude

Doch ein Venezuela ohne Chavez ist für viele nicht vorstellbar - auch von der politischen Bildfläche Lateinamerikas ist er kaum mehr wegzudenken. Genauso wie seine USA-Tiraden, seine Verbal-Attacken in Richtung Westen und Kapitalismus. Nicht zuletzt durch seine revolutionäre Attitüde hat sich Hugo Chávez eine Position im Weltgeschehen ereifert. Immer wieder näherte sich der Exzentriker Regimen wie dem Iran, Weißrussland oder China an. Für Staaten wie Bolivien, Kuba oder Ecuador sind die Öl-Milliarden ihres Unterstützers sogar existentiell geworden. Dabei ist der Sozialist nicht unumstritten: In seinem Machtapparat unterliegen Armee, Staatsverwaltung, Parlament und die Justiz dem Wort des Präsidenten. Gegen seine Wiederwahl demonstrierten im Oktober hunderte Venezolaner.

Chaotische Übergangsphase könnte folgen

Nun hat Chávez einige seiner Befugnisse an Vize Nicolás Maduro delegiert. Und damit erstmals bestätigt, dass er möglicherweise keine weitere Amtszeit ausüben kann. Maduro gilt als farbloser aber loyaler Abklatsch von Chávez. Er verfügt weder über eine militärische noch eine akademische Laufbahn.

Und auch wenn Chávez seinen Vize Maduro als Wunschkandidat präsentiert, müssen seine Anhänger und seine Partei dem nicht Folge leisten. Eine chaotische Übergangsphase könnte folgen. Denn neben Maduro zeigt sich auch Parlamentspräsident Diosdado Cabello am Amt interessiert, berichtet die spanische Tageszeitung El País. Laut Beobachtern habe er die tatsächliche Kontrolle über die Partei und das Parlament.

Chávez ruft zur Einheit auf und stärkt seinem Kronprinzen Maduro den Rücken. Denn ein Machtkampf könnte sich auf die Erdölindustrie negativ auswirken. Und damit auch auf die ökonomische Grundlage des Landes.

Über die genaue Art des Krebsleidens gibt es kaum offizielle Informationen. Es soll sich aber um einen Tumor im Unterleib handeln. Bestätigt ist, dass Hugo Chávez Mitte Dezember zum vierten Mal in Kuba operiert wurde. Insgesamt soll der Präsident 2012 über 200 Tage im kubanischen Spital verbracht haben, berichtet El Nacional.

Auf Twitter türmen sich seit Wochen Gerüchte über den baldigen Tod des Präsidenten. Auch die Opposition fordert klarere Informationen bezüglich der Verfassung des Staatspräsidenten. Offizielle Stimmen versuchen die Spekulationen zu entkräftigen und rufen zum gemeinsamen Beten auf. Am Donnerstag betonte sein Vize Maduro, dass Chávez´ Lebenswille "gigantisch" sei. Und auch die Tochter bestätigt über Twitter, dass ihr Vater lebt und sie bei ihm ist:

Der in den USA lebende venezolanische Arzt José Rafael Marquina erklärte allerdings im April, dass Chavez nur noch eine Lebenserwartung von rund sieben Monate habe. Gleichzeitig betonte er damals, dass das Volk des südamerikanischen Landes von der Regierung bezüglich des tatsächlichen Gesundheitszustandes getäuscht werde. Der Mediziner gab an, dass er Zugang zu vertraulichen Berichten des Ärzte-Teams des venezolanischen Präsidenten habe. Vor den Wahlen wurde offiziell verkündet, dass Chávez geheilt sei.

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