Millionen Briten wollen zweites Referendum

Millionen Briten wollen doch unter der Schirmherrschaft der EU bleiben.
Der Schock sitzt tief. Hunderttausende Briten wollen nun mit einer Petition eine zweite Abstimmung erzwingen.

Kurzer Überblick

Sie sind "not amused". Vielmehr regt sich auch unter vielen Briten Zweifel, ob die Brexit-Entscheidung gut war. Eine Zahl belegt dies: Bis Samstagabend haben bereits deutlich mehr als zwei Millionen Briten auf der Internetseite von Parlament und Regierung eine Petition für ein zweites Referendum über die Mitgliedschaft Großbritanniens in der Europäischen Union unterzeichnet.

Das sind zwanzig Mal mehr, als für eine Befassung des Unterhauses mit der Petition notwendig sind. Denn bereits wenn eine Petition mehr als 100.000 Unterschriften erreicht, muss sich die Regierung dazu äußern. Unter dem Ansturm der Unterzeichner brach die offizielle Parlamentsseite am Samstag vorübergehend zusammen.

Argument: Zu geringe Beteiligung, zu knappes Ergebnis

Die Wahlbeteiligung sei mit rund 72 Prozent zu niedrig und das Ergebnis zu knapp gewesen seien, so die Argumentation der Befürworter dieser Petition.

Millionen Briten wollen zweites Referendum

"Wir, die Unterzeichner, rufen die Regierung ihrer Majestät an, eine Regel anzuwenden, wonach es ein weiteres Referendum geben sollte, wenn das Remain- oder Leave-Votum unter 60 Prozent bei einer Beteiligung von unter 75 Prozent liegt", heißt es in der Petition. Kurz: Werden diese beiden Schwellen bei einem Referendum nicht erreicht, müsste es automatisch ein zweites Votum geben, so der Wunsch der Unterzeichner.

Das britische Gesetz sieht bei Referenden kein Mindestmaß für die Wahlbeteiligung oder den Stimmenanteil vor wie in einigen anderen Ländern.

Zuständiger Ausschuss tagt am Dienstag

Der Petitionsausschuss, der darüber entscheidet, ob Petitionen im Parlament diskutiert werden, tagt das nächste Mal am kommenden Dienstag. Bisher gab es dazu noch keine Stellungnahme von Premierminister David Cameron.

Auch Nicht-Briten unterschreiben

Ob die Unterstützungserklärungen ausschließlich von Briten stammen, darf allerdings bezweifelt werden. Zumindest berichtet FAZ.net, dass es einem ihrer Journalisten gelang, "in kürzester Zeit selbst abzustimmen". Allerdings steht auf der Website ebenfalls, dass man entweder britischer Bürger oder aber zumindest "UK resident", also wohnhaft im Vereinigten Königreich sein müsse - dies also auch genüge.

Und dann ist da noch London

Mehr als hunderttausend Briten fordern zudem die Unabhängigkeit für ihre Hauptstadt London. "London ist eine internationale Stadt, und wir wollen im Herzen Europas bleiben", heißt es auf dem Portal change.org.

"Diese Petition fordert Bürgermeister Sadiq Khan auf, die Unabhängigkeit Londons zu erklären, und sich für eine Mitgliedschaft in der EU zu bewerben - inklusive der Mitgliedschaft in der Schengen-Zone (Hmm, über den Euro reden wir dann noch...)."

Millionen Briten wollen zweites Referendum
London Mayor Sadiq Khan speaks at a rally in favour of remaining in the EU in central london on June 22, 2016. European leaders warned Britain that a decision to leave the EU was irreversible, as the rival camps made a last-ditch push for votes on the eve of a too-close-to-call referendum that has set the continent on edge. / AFP PHOTO / NIKLAS HALLE'N

Die Initiatoren haben auch schon ein Schlagwort für die sozialen Netzwerke: #londependence, eine Mischung aus London und Independence, also Unabhängigkeit. "Lasst uns, statt bei jeder Wahl passiv-aggressiv gegeneinander abzustimmen, die Scheidung offiziell machen und mit unseren Freunden auf dem Kontinent zusammenziehen", schreiben sie. "Bürgermeister Sadiq, wären Sie nicht lieber Präsident Sadiq? Machen Sie es wahr!"

Die Londoner haben, wie die Schotten auch, mehrheitlich für den Verbleib Großbritanniens in der Europäischen Union gestimmt.

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