Merkel und Hollande akkordieren ihren EU-Kurs

France's President Francois Hollande (R) and German Chancellor Angela Merkel (L) shelter from rain under umbrellas as they arrive at the Elysee Palace in Paris, May 30, 2013. REUTERS/Charles Platiau (FRANCE - Tags: POLITICS)
Die beiden schlagen einen Präsidenten der Währungsunion vor, Hollande lobt das deutsche Vorbild.

Empfand Angela Merkel gegenüber Francois Hollande eine Art von neuer Ehrfurcht? Jedenfalls nannte die deutsche Kanzlerin den neben ihr stehenden französischen Staatschef bei der gemeinsamen Pressekonferenz, am Donnerstag in Paris, einmal irrtümlich „Francois Mitterrand“ – so als hätte sie es mit dem verstorbenen Präsidenten zu tun, der einst mit Kanzler Helmut Kohl ein legendäres EU-Kernduo gebildet hatte.

Gemeinsames Papier

Tatsächlich präsentierten Merkel und Hollande am Donnerstag in Paris ein gemeinsames Papier für den bevorstehenden EU-Gipfel, Ende Juni, über Wachstum und Beschäftigung. Darin wird ein permanenter Präsident zur Koordinierung der Euro-Zone und eine Konvergenz der Steuerpolitik angestrebt. Für Jugendjobs sollen EU-Fonds vorzeitig flott gemacht werden. Die EU-Kommission soll mit der Erstellung eines Europa-weiten Investitionsplans, einer gemeinsamen Energiepolitik und neuer Konkurrenzregeln beauftragt werden – letzteres zielt tendenziell auf mehr Schutz gegen außereuropäische Dumpingstrategie. Im Gleichklang versicherten Merkel und Hollande, die Sanierung der Haushalte und Wachstumsmaßnahmen würden sich ergänzen.

Diesem Konsens waren zuletzt Verbeugungen von Hollande vor dem sozialliberalen Modell Deutschlands vorausgegangen. Anlässlich der 150 Jahr-Feier der SPD in Leipzig, im Beisein von Merkel hatte Hollande die Reformen von Ex-Kanzler Gerhard Schröder, die in linken SP-Kreisen verpönt sind, als „mutig“ gepriesen. Diese Reformen hätten es Deutschland ermöglicht, „anderen Staaten voraus zu sein“.

Am Vorabend seines Treffens mit Merkel hatte Hollande eine Niederlassung des deutschen Konzerns Bosch in Südfrankreich besucht, um ein dort vereinbartes Abkommen zwischen Firmenleitung und Gewerkschaften zu loben: die Arbeiter akzeptieren längere Arbeitszeiten und einen Gehaltsstopp, Bosch verzichtet auf eine Fabriksabsiedelung. Um den rasenden Anstieg der Arbeitslosigkeit zu stoppen fördert jetzt Frankreichs SP-Staatsführung derartige Abkommen und kippt damit defacto einen ihre vormaligen Grundpfeiler, nämlich die 35-Stundenwoche.

Schein-Eklat

Viel bleibt da vom ursprünglich von Hollande angekündigten alternativen Wirtschaftskurs gegenüber Merkel nicht übrig. Um die Fassade doch ein wenig zu wahren, leistete sich Hollande einen Schein-Eklat mit der EU-Kommission. Diese hat Frankreich einen detaillierten Sparplan vorgegeben. „Die Kommission hat uns unsere Vorgangsweise nicht zu diktieren. Sie kann bloß sagen, dass Frankreich seinen öffentlichen Haushalt in Ordnung bringen soll“, erklärte Hollande. Faktisch stimmt Frankreichs Staatsführung mit den Zielvorgaben der Kommission überein, Hollande will aber bei deren Umsetzung seine eigene Taktik zur Anwendung bringen und dabei ein Minimum an nationaler Würde bewahren.

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