Menschenrechtler: Tote der Klasse A und B

Neuerlich 400 Opfer im Mittelmeer. Tausende neue Flüchtlinge auf Sizilien. Kritik an fehlender Hilfe der EU.

Eine neuerliche Flüchtlingstragödie hat sich am Montag im Mittelmeer zwischen der libyschen und italienischen Küste ereignet. Dabei sind bis zu 400 Menschen ertrunken. Unter den Opfern sollen auch viele Kinder und Jugendliche sein.

Im Frühling wagen wieder mehr Boote die riskante Überfahrt. Das seeuntaugliche Schiff, auf dem sich weit über 500 Flüchtlinge befanden, dürfte rund 24 Stunden nach der Abfahrt aus Libyen gekentert sein. Nur 150 Personen konnten von der italienischen Marine gerettet werden. Seit dem Wochenende trafen 5000 Bootsflüchtlinge in Sizilien ein. Im Hafen von Palermo kamen an Bord eines italienischen Marineschiffes Mittwoch 1169 Menschen aus Syrien, Eritrea und Somalia an. Ein Drittel davon sind Frauen und Kinder. "Viele von ihnen erlebten brutalste Gewalt und haben Eltern, Verwandte und Freunde verloren", sagt "Save the Children"-Verantwortlicher Valerio Neri.

Menschenrechtler: Tote der Klasse A und B
"Das Immigrationsproblem muss an der Wurzel gelöst werden", fordert Außenminister Paolo Gentiloni. Dazu müssten Schlepperbanden ausgehoben und die Lage in Libyen stabilisiert werden. Denn das Chaos in Libyen mit zwei rivalisierenden Regierungen und vorrückenden islamistischen Milizen bereitet Italien große Sorgen.

Europa dürfe nicht länger vor dem Massensterben im Mittelmeer die Augen verschließen. "Es ist zu wenig, wenn eine ökonomische Supermacht wie die EU für Migration nur drei Millionen Euro pro Monat aufwendet", kritisiert Gentiloni. Italien, das den Großteil der Flüchtlingsankünfte schultert, pocht seit langem auf mehr Hilfe aus Europa.

Menschenrechtsorganisationen prangern an, dass mit doppeltem Maßstab gemessen werde und Tote in Klasse A und Klasse B eingeteilt würden. Auch Palermos Caritas-Direktor, Don Sergio Mattaliano, der die Erstversorgung der Flüchtlinge koordiniert, appelliert: "Wir können nur mit vereinten Kräften Migranten helfen."

Überlebende erzählen von dramatischen Szenen auf der Überfahrt. Eine schwangere Frau überlebte die Strapazen nicht und verstarb an Bord. Eine andere Frau brachte in derselben Nacht ihr Baby zur Welt. Skrupellose Schlepper warfen laut Augenzeugenberichten einen toten Flüchtling, der im Rumpf des Schiffes an Benzinabgasen erstickte, ins Meer. In den Fluten wurde er von Haien zerrissen.

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