Maizière: Drohnen-Debakel als Karriere-Killer

ARCHIV - Bundesverteidigungsminister Thomas de Maizière (CDU) sitzt am 05.03.2013 auf einem Flug zum OP North bei Masar-i-Scharif in Afghanistan in einem Hubschrauber. De Maizière (CDU) ist am Donnerstagmorgen zu einem Truppenbesuch in Nordafghanistan eingetroffen. Foto: Maurizio Gambarini/dpa +++(c) dpa - Bildfunk+++
Verteidigungsminister Thomas de Maizière kämpft um sein Amt. Kanzlerin Angela Merkel soll auf seinen Rücktritt noch vor der Wahl vorbereitet sein.

Zum zwölften Mal in seinen zwei Jahren als Verteidigungsminister ist Thomas de Maizière in Afghanistan. Zuletzt war er im Mai mit Kanzlerin Merkel bei den 4200 Soldaten, die bis 2015 das Land verlassen. Obwohl der Einsatz die größte Herausforderung der Bundeswehr überhaupt ist, wirken die vielen Reisen ihres Chefs dahin inzwischen wie eine Flucht. Denn sein größtes Problem liegt in Berlin: Darin, die 94 Tage bis zur Bundestagswahl als Minister zu überstehen.

Das Debakel um die bis zu 600 Millionen Euro teuren Drohnen aus den USA, deren Entwicklung und Kauf trotz nicht nachvollziehbarer Pannen er viel zu spät abbrach, ist für ihn noch gravierender, als es bisher schien. Es wird zum späten Beweis dafür, dass de Maizière weniger Politiker als vor allem Bürokrat ist – und auch da weniger toll als sein Image.

Das sollen Dokumente beweisen, über die nicht nur auf Sommerfesten des politischen Berlin spekuliert wird: Die beiden Magazine stern und Spiegel hielten ein brisantes Papier noch zurück: Es soll de Maizière definitiv zum Lügner stempeln.

Denn dem Bundestags-Verteidigungsausschuss hatte der Minister vielfach versichert, vor Mitte Mai nie Informationen seines Hauses gehabt zu haben, die den Abbruch des Drohnenprojekts zweifelsfrei forderten. Dessen Kosten seien bis zuletzt verantwortbar, ja sogar entscheidungsrelevant gewesen, so de Maizière.

Abgezeichnet

Doch mindestens ein Bericht seines Hauses hatte das schon im letzten Herbst detailliert bestritten, so Insider auch gegenüber dem KURIER. Brisant für de Maizière: Der hochkorrekte Bürokrat hat es in grüner Ministertinte sogar abgezeichnet.

Als Regisseur für das Debakel gilt in den verästelten Strukturen des Hauses mit seinem jahrzehntelangen Eigenleben ein SPD-naher Staatssekretär, der schon zu de Maizières zwei Unions-Vorgängern wenig loyal gewesen sein soll. Ihn gegen deren Rat nicht entlassen zu haben, was in Berlins Ministerien problemlos und üblich ist, zeige schwere Führungsschwächen des Ministers.

Der komme auch nicht mit einem Netzwerk hoher Offiziere zurecht, die seine Vorgaben und die seines Vorgängers, des wegen einer Plagiatsaffäre zurückgetretenen Karl-Theodor zu Guttenberg (CSU), systematisch torpedierten. Das Netzwerk gruppiere sich um den von Guttenberg einst zum Rücktritt genötigten obersten Militär, Ex-Generalinspekteur Wolfgang Schneiderhahn, ebenfalls SPD-nah. Sie sabotierten auch de Maizières Hauptleistung, die Wehrpflicht-„Aussetzung“ und Verkleinerung der Bundeswehr. Die zuvor jahrelang verschleierten Infos über das Drohnen-Desaster hätten hier ihre Ursache.

Gezeichnet

Das sagen jene, die nicht nur das Ende der de Maizière-Karriere mit der Wahl, sondern sogar den Rücktritt noch davor befürchten. Er selbst schloss den aus, machte aber bei den letzten öffentlichen Auftritten einen schwer angeschlagenen Eindruck. Seine vom Spiegel kolportierte Absicht, nun auch taktische Drohnen aus Österreich anzuschaffen, wirkt da wie Aktionismus, so wie seine vielen Afghanistan-Trips.

Schlaflose Nächte dürfte ihm auch die Einschätzung Berliner Insider bereiten, dass seine Chefin von ihm abrückt: Merkel sei auf den Rücktritt vor der Wahl gefasst, auch wenn er ihr dabei schade und die Nachfolge noch völlig offen ist. Die da offenbar sehr gut informierte Welt spottete über den „Wunderminister, der zum wunderlichen Minister wurde“.

Ungelöst ist nun jedenfalls die Nachfolge, sollte Merkels heimliche Ambition, 2015 die EU- Spitze zu erobern (siehe Seite 4), aufgehen: Ihren bisher dafür vorgesehenen einzigen Reserve-Kanzler gibt es nicht mehr.

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