Warnung vor Reaktivierung von KGB-Spionen

Premier Butkevičius will Aus für Anonymität von Ex-Spionen.
Russische Geheimdienste suchen Ex-Informanten der Sowjetunion in Lettland – vor allem im Militärbereich.

In Litauen sollen russische Geheimdienste in letzter Zeit vermehrt versucht haben, ehemalige Mitarbeiter des sowjetischen Geheimdiensts KGB anzuwerben. Davon berichtete Arturas Paulauskas, der Vorsitzende des Sicherheitsausschusses im litauischen Parlament. Sicherheitsbehörden seien zuletzt vermehrt von ehemaligen Spitzeln des KGB kontaktiert worden, die von solchen Versuchen berichteten.

Die baltischen Länder sorgen sich seit der Ukraine-Krise um ihre Sicherheit. Aufgrund von U-Boot-Sichtungen in ihren Gewässern und Verletzungen des Luftraums plädieren sie für eine größere Präsenz von NATO-Truppen. In Litauen sollen nach Einschätzung von Historikern etwa 5000 bis 6000 Personen leben, die in der damaligen Sowjetrepublik für den KGB als informelle Mitarbeiter ihr Umfeld ausspähten. Die Regierung Litauens erließ im Jahr 2000 ein Amnestiegesetz, das den Betreffenden bei freiwilligem Geständnis Straffreiheit sowie eine befristete Anonymisierung bezüglich ihrer Tätigkeit garantierte. Bei den Behörden meldeten sich 1589 Personen. Der Anonymisierungsschutz läuft heuer aus.

Erpressbar

"Es ist Zeit, diesen Geheimnis-Zustand nicht mehr zu verlängern", so Algirdas Butkevičius, der sozialdemokratische Ministerpräsident des Landes. Die Veröffentlichung wird derzeit aber noch diskutiert. Präsidentin Dalia Grybauskaite, die sich sonst recht scharf gegen Russland ausspricht, plädierte, vor der Veröffentlichung der Namen, dies auch rechtlich genau zu prüfen. Denn es besteht die Angst, dass eine solche Offenlegung unbekannte Ex-Mitarbeiter leichter durch russische Dienste erpressbar macht. Von den 250.000 erhaltenen Akten des KGB in der Ex-Sowjetrepublik Litauen sind nur ein Prozent Personalakten, die meisten "Quellen" sind nicht enttarnt. Seit 2012 veröffentlicht das "Litauische Zentrum für Völkermord und Widerstand" enttarnte KGBler. Diese gehören aber nicht zu denen, die sich freiwillig gemeldet haben.

Die Sowjetunion hatte in der Nachkriegszeit mit starkem Widerstand in den baltischen Ländern zu kämpfen und baute daher ein dichtes Netz von Informanten auf.

Auch der lettische Inlandsgeheimdienst SAB meldete indes Versuche von russischer Seite, ehemalige "Quellen" wieder aufzutun. Nach Angaben des Verteidigungsministers Raimonds Vejonis werde derzeit hart daran gearbeitet, ehemalige KGB-Mitarbeiter in Lettland aufzuspüren, vor allem im Militärbereich. Solvita Āboltiņa, Vorsitzende des parlamentarischen Sicherheitsausschusses, warnt jedoch vor Übereifer: "Menschen, die vor 20 oder 30 Jahren ein entsprechendes Dokument unterschrieben haben, aber danach loyal zum lettischen Staat waren, sollten geschützt werden."

Vertreter der baltischen Staaten beklagen seit einigen Monaten einen "Hybrid-Krieg" Russlands gegen ihre Länder – derzeit vor allem auch über Propaganda. Mit eigenen russischsprachigen TV-Sendern wollen sich Lettland und Estland um ihre russischsprachigen Minderheiten bemühen, die jeweils etwa ein knappes Drittel der Bevölkerung ausmachen. Sie bevorzugen bislang den russischen Auslandsender RTR Planeta, der die Sichtweise des Kremls vertritt.

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