Labour hat nicht viel zu lachen

Nur sein Sieg kann den Wahltag für Labour noch retten: Sadiq Khan, hier mit Ehefrau Saadiya, soll Londons Bürgermeister werden.
Nur der erwartete Sieg in London verdeckt die chronische Schwäche der Linken – schlechte Vorzeichen für das EU-Referendum.

Nein, nein, kein Rücktritt, er werde selbstverständlich weitermachen: Labour-Chef Jeremy Corbyn musste am Tag nach den Lokalwahlen in Großbritannien eigentlich nur eine Frage beantworten: die nach seiner persönlichen politischen Zukunft. Ein knappes dreiviertel Jahr ist vergangen, seit der Außenseiter vom linken Parteiflügel in einem regelrechten politischen Umsturz die Führung der Labour-Partei übernommen hat. Vorbei der Kampf um die politische Mitte, den Labour seit Tony Blair Mitte der 1990er-Jahre geführt hatte. Der 66-jährige ehemalige Gewerkschaftsfunktionär warb mit einer linken Politik im klassischen Stil: Ende der Sparpolitik, höhere Unternehmens- und Vermögenssteuern, höhere Löhne, kürzere Arbeitszeiten.

Fiasko in Hochburgen

Bei den Kommunalwahlen haben die britischen Wähler nun Corbyns Politik erstmals ein Zeugnis ausgestellt, und das ist wie befürchtet ziemlich bescheiden ausgefallen. Trotz der eigentlich dankbaren Rolle der Opposition, mit der man bei Kommunalwahlen verlässlich Siege einfahren kann, hat Labour gegenüber dem Desaster bei den Parlamentswahlen im Vorjahr kaum Boden gut machen können. Am schlechtesten waren die Ergebnisse in den klassischen Hochburgen der Partei, also in den verarmten Industrierevieren im Norden Englands, in Wales oder in Schottland. Dort, wo Labour noch vor zehn Jahren die Regierung quasi als Erbpacht betrachten konnte, ist man nun sogar Dritter hinter den Konservativen geworden. Neuerlich Sieger sind die linken schottischen Nationalisten der SNP, die weiterhin für die Loslösung von Großbritannien eintreten. In Wales bleibt Labour zwar stärkste Partei hat aber dort ebenfalls Stimmen an die linken Nationalisten abtreten müssen. Erfolgreich auch die EU-feindliche UKIP, die ins Regionalparlament einzieht.

Labour hat nicht viel zu lachen
Britain's opposition Labour Party leader Jeremy Corbyn speaks during an election campaign poster launch in London, Britain May 3, 2016. REUTERS/Stefan Wermuth
Überdeckt wird die Niederlage durch den weithin erwarteten Sieg in London. Sadiq Khan, Labours Kandidat für den Bürgermeisterposten in der Hauptstadt, ließ seinem konservativen Gegner keine Chance. Er setzte sich mit 42 Prozent der Stimmen durch. Khan, das Kind bettelarmer pakistanischer Einwanderer ist ein Musterbeispiel für gelungene Integration und gesellschaftlichen Aufschwung von Einwanderern. Der Versuch der Konservativen, den Muslim in die Nähe von Islamismus und Terror zu rücken, scheiterte. In der von einer wachsenden sozialen Kluft geprägten Metropole war Khan mit seinem glaubwürdigen sozialen Engagement ein kaum zu schlagender Kandidat. Zu Corbyn aber war er schon vor Monaten deutlich auf Distanz gegangen. Jetzt muss Corbyn versuchen, von diesem Sieg zumindest ein bisschen Glanz für sich zu holen.

Halbherzig pro EU

Denn auch beim nächsten weit wichtigeren Urnengang droht der Labour-Chef unter die Räder zu kommen: Dem Referendum über Großbritanniens EU-Mitgliedschaft. Zwar hat sich Corbyn zuletzt zu einem "Ja" für den Verbleib seines Landes in der Union durchgerungen. Schließlich hatte der Parteilinke einst die EU als marktwirtschaftliches Monstrum gebrandmarkt. Entsprechend "lauwarm" kommentierte der Guardian habe das Ja geklungen: "Mit dem Herzen war er nicht dabei."

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