Labour hat nicht viel zu lachen
Nein, nein, kein Rücktritt, er werde selbstverständlich weitermachen: Labour-Chef Jeremy Corbyn musste am Tag nach den Lokalwahlen in Großbritannien eigentlich nur eine Frage beantworten: die nach seiner persönlichen politischen Zukunft. Ein knappes dreiviertel Jahr ist vergangen, seit der Außenseiter vom linken Parteiflügel in einem regelrechten politischen Umsturz die Führung der Labour-Partei übernommen hat. Vorbei der Kampf um die politische Mitte, den Labour seit Tony Blair Mitte der 1990er-Jahre geführt hatte. Der 66-jährige ehemalige Gewerkschaftsfunktionär warb mit einer linken Politik im klassischen Stil: Ende der Sparpolitik, höhere Unternehmens- und Vermögenssteuern, höhere Löhne, kürzere Arbeitszeiten.
Fiasko in Hochburgen
Bei den Kommunalwahlen haben die britischen Wähler nun Corbyns Politik erstmals ein Zeugnis ausgestellt, und das ist wie befürchtet ziemlich bescheiden ausgefallen. Trotz der eigentlich dankbaren Rolle der Opposition, mit der man bei Kommunalwahlen verlässlich Siege einfahren kann, hat Labour gegenüber dem Desaster bei den Parlamentswahlen im Vorjahr kaum Boden gut machen können. Am schlechtesten waren die Ergebnisse in den klassischen Hochburgen der Partei, also in den verarmten Industrierevieren im Norden Englands, in Wales oder in Schottland. Dort, wo Labour noch vor zehn Jahren die Regierung quasi als Erbpacht betrachten konnte, ist man nun sogar Dritter hinter den Konservativen geworden. Neuerlich Sieger sind die linken schottischen Nationalisten der SNP, die weiterhin für die Loslösung von Großbritannien eintreten. In Wales bleibt Labour zwar stärkste Partei hat aber dort ebenfalls Stimmen an die linken Nationalisten abtreten müssen. Erfolgreich auch die EU-feindliche UKIP, die ins Regionalparlament einzieht.
Halbherzig pro EU
Denn auch beim nächsten weit wichtigeren Urnengang droht der Labour-Chef unter die Räder zu kommen: Dem Referendum über Großbritanniens EU-Mitgliedschaft. Zwar hat sich Corbyn zuletzt zu einem "Ja" für den Verbleib seines Landes in der Union durchgerungen. Schließlich hatte der Parteilinke einst die EU als marktwirtschaftliches Monstrum gebrandmarkt. Entsprechend "lauwarm" kommentierte der Guardian habe das Ja geklungen: "Mit dem Herzen war er nicht dabei."
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