Faktencheck: Griechenland-Kärnten, (k)ein Vergleich

Finanzminister Varoufakis ist näher am "Grexit" als Landeshauptmann Kaiser am "Kexit".

Das eine Land ist im Süden Österreichs, das andere im Süden Europas. Beide Länder sind seit Langem in den Negativ-Schlagzeilen. Geführt werden sie von Männern, die nichts zu geben haben, sondern etwas nehmen müssen.

Der Rote Peter Kaiser hat eine Hypo-thek vom verstorbenen BZÖ-Vorgänger Jörg Haider übernommen; in einer "Zukunftskoalition" (mit der ÖVP und den Grünen), die die Finanzvergangenheit aufarbeiten muss. Yanis Varoufakis ist als Finanzminister Hauptfigur in der griechischen Tragödie. Unter seinen Vorgängern hat das Land weit über seine Verhältnisse gelebt. Mit "kreativer Buchhaltung" wurde das kaschiert.

Und so brauchen Landeshauptmann Kaiser und Varoufakis Hilfe von außen: der Bund soll Kärnten monetär beistehen, die EU unterstützt Griechenland bereits finanziell. Parallelen werden gezogen: Vom möglichen "Grexit" (Griechenlands Raus aus der Euro-Zone) ist die Rede, detto vom "Kexit" – da aber nicht politisch-ernsthaft, sondern wortspielerisch. Kaiser wurde vom Boulevard "Karawanken-Varoufakis" geheißen. Sind derlei Vergleiche zulässig? Droht dort wie da die Pleite, die Landesrat Christian Ragger für Kärnten nicht mehr ausschließt? Der KURIER klärt auf.

Wie ernst ist die Lage in Athen und Klagenfurt?

In Griechenland wird mit Vertretern von EU, EZB und Währungsfonds um einen Ausweg aus dem Schuldendebakel gerungen. Bekommt Athen nicht die nächste Hilfstranche (7,2 Milliarden), ist es zahlungsunfähig. Der gesamte Finanzbedarf für die elf Millionen Griechen für 2015: 19 Milliarden Euro. In Kärnten mit knapp 560.000 Bürgern geht es um "nur" 343 Millionen für dieses Jahr. Springt der Bund mit einem Kredit ein – wie prinzipiell bereits vereinbart –, droht eine Pleite nur dann, wenn alle Landeshaftungen für die alten Hypo-Anleihen (elf Milliarden) schlagend werden. Das soll durch den Rückkauf dieser Papiere verhindert werden.

In beiden Ländern muss eisern gespart werden.

Viele Goodies, die Jörg Haider stimmenwirksam verteilt hat, gibt es in Kärnten nicht mehr: den Teuerungsausgleich, das Jugendstartgeld, Billigdiesel. Das Babygeld (500 Euro) wurde abgeschafft. Bei Bauaufträgen wird gekürzt, bei Förderungen etc. In Griechenland gab es mehrere, sehr harte Sparprogramme – von Einschnitten bei den Pensionen bis zum Beamtenabbau.

Wie solidarisch sind die Österreicher?

Eine OGM-Umfrage für den KURIER hat ergeben: Die Mehrheit von 59 Prozent ist dagegen, Kärnten in die Pleite gehen zu lassen; der Bund soll aushelfen (mehr dazu hier). Was Griechenland anlangt, ist das anders: In allen Umfragen befindet das Gros der heimischen Bürger, diesem Staat solle nicht weiter geholfen werden.

Wer ist ärmer, Griechenland oder Kärnten?

Griechenland. Die Arbeitslosigkeit ist mit 24 % doppelt so hoch wie in Kärnten. Zudem hat Griechenland ein hohes Defizit – und einen noch größeren Schuldenberg, den mit 177 % des BIP höchsten Europas. Kärnten bilanziert fast ausgeglichen, kam nur durch Herabstufung der Kreditwürdigkeit in Folge des Zahlungsstopps des Bundes für die Hypo-Nachfolgegesellschaft HETA in die Bredouille. Seither kann sich Kärnten auf dem Finanzmarkt kein Geld mehr besorgen. Freilich hat sich auch der Kärntner Schuldenstand seit 2004 auf 3,2 Milliarden verdreifacht.

Die Zukunftsszenarien?

Griechenland muss die Sparvorgaben aus den anderen EU-Hauptstädten erfüllen, um an Geld zu kommen. Danach ist auch der Austritt Griechenlands aus dem Euro nicht mehr tabu. Eine neue Drachme, stark abgewertet, könnte die Wirtschaft beleben. Die Schulden – auch in Drachmen – wären aber ein Vielfaches. Kärnten muss für das Geld aus Wien ebenso harte Auflagen einhalten, möglicherweise sogar einen Regierungskommissär akzeptieren. Mittelfristig ist die Frage der Landeshaftungen für die alten Hypo-Anleihen zentral.

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