Kurden schaffen Fakten im Norden Syriens

Hasaka: Ein kurdischer Kämpfer schießt auf eine Assad-Statue.
Offensive. Ziel ist eine zusammenhängende Kurdenregion.

Die Spannungen sind zu einem offenen Krieg geworden. Der Hauptschauplatz: Die Stadt al-Hasaka im Osten Syriens. Sieben Tage lang lieferten sich Einheiten der syrischen Regionalverwaltung in der Region und regierungstreue Verbände schwere Gefechte. Erstmals seit Beginn des Krieges in Syrien bombardierte die syrische Luftwaffe kurdische Einheiten.

Bisher hatte zwischen Kurden und den Assad-Truppen praktisch ein Waffenstillstand gegolten. Drei Gebiete sind im Nordosten Syriens noch in der Hand der Armee – jedoch eingekreist von kurdischen Kräften: Eine strategisch wichtige Luftwaffenbasis bei Qamishli, eine Basis bei Hasaka sowie das Zentrum der Stadt Hasaka. Am Dienstag einigte man sich scheinbar auf einen Waffenstillstand für Hasaka. Die Forderung der kurdischen Regionalverwaltung aber lautet: Abzug aller syrischen Soldaten und der mit ihnen verbündeten Milizen aus der Stadt. Ausständig war zunächst die Umsetzung. Tatsache aber ist, dass die regierungstreuen Einheiten in Hasaka schwer in die Defensive geraten sind, es also an den Kurden liegt, Forderungen zu stellen.

Sieg um Sieg

Die Eskalation ist vorläufiger Höhepunkt in sehr zwiespältigen Beziehungen. Zwischenzeitlich kooperierten Armee und Kurden, meist ging man sich aus dem Weg, zuletzt aber wurde vermehrt gekämpft. Und während das Regime Baschar al-Assads derzeit an vielen Fronten in der Defensive ist, so feiern die Kurden Siege – jetzt anscheinend in Hasaka und zuvor die Befreiung der Stadt Manbij vom IS durch die Allianz "Syrische Demokratische Kräfte" (SDF), die von den Kurden dominiert wird.

Die Einnahme Manbijs folgt dabei durchaus politischer Logik. Denn durch ihr Vorrücken nach Westen kamen die SDF auch dem Ziel ein Stück näher, die bereits miteinander verbundenen kurdischen Gebiete Cizre und Kobane mit dem weit im Westen gelegenen und jetzt noch abgetrennten kurdischen Kanton Efrin zu verbinden. Damit würde den SDF militärisch ganz Nordsyrien in die Hände fallen. Bereits jetzt kontrollieren die Kurden einen rund 500 Kilometer langen und bis zu 200 Kilometer breiten Streifen entlang der türkischen Grenze.

Und sie verwalten dieses Gebiet den Umständen entsprechend durchaus effizient. Dabei dominiert die Partei PYD, die sich ideologisch an der in der Türkei ebenso wie in europäischen Staaten als Terrorgruppe gelisteten kurdischen Arbeiterpartei PKK orientiert. Seitens der PKK wiederum sieht man das Projekt Syrien als das bisher weitest gediehene in der mehr als 30-jährigen Geschichte der Organisation. Einher geht das mit dem Ruf der syrischen Kurden nach Autonomierechten in einem Nachkriegs-Syrien. Die Föderalisierung – wohl gemerkt nicht die Ausrufung eines Kurdenstaates – ist das im vergangenen März deklarierte Ziel der Lokalverwaltung Rojavas, so der Name der kurdischen Regionen in Syrien.

Damaskus lehnt das ab – und findet sich damit in seltener Einigkeit mit der Türkei. Ankara befürchtet, dass Erfolge der SDF die Kurden im eigenen Land weiter beflügeln könnte. Immer wieder werden kurdische Gebiete in Syrien von der Türkei aus beschossen, während auf der türkischen Seite der Grenze in den kurdischen Regionen faktisch ein Bürgerkrieg tobt.

Zugleich aber suchen die syrischen Kurden nach internationalen Alliierten. Militärisch erfuhren die SDF Unterstützung seitens der USA, Frankreichs und Großbritanniens. Politisch allerdings weniger. Die Hoffnung: Russland. In Moskau wurde ein Büro eröffnet. Dieser Flirt aber missfällt der international isolierten Führung in Damaskus, die es sich keinesfalls leisten kann, Moskau als Alliierten zu verlieren.

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