Kreml stellt Kritik an Roter Armee unter Strafe

Fünf Jahr Haft drohen künftig für abfällige Bemerkungen über die sowjetischen Truppen oder die Alliierten.

Wladimir Putin nutzt seine Macht zusehends, um ihm unliebsame Dinge unter Strafe zu stellen. Der jüngste Vorstoß: Kritik an Gräueltaten der Roten Armee während des Zweiten Weltkriegs soll künftig mit bis zu fünf Jahren Haft bestraft werden. Dies sieht ein Gesetzesentwurf der Kreml-Partei "Einiges Russland" vor, über den die Staatsduma noch am Montag beraten wollte. Die Partei von Staatspräsident Putin hat eine absolute Mehrheit im russischen Parlament.

Das Gesetz solle Versuche zur "Rehabilitierung" des Nationalsozialismus unterbinden, erläuterte die Regierungsabgeordnete Irina Jarowaja. Wer künftig die Rolle der Roten Armee für "Aufrechterhaltung des internationalen Friedens" leugne und absichtlich Falschinformationen über die sowjetischen Truppen verbreite, dem drohe eine Geldstrafe bis zu 15.000 US-Dollar oder eine Haftstrafe bis zu fünf Jahren, berichtete die Nachrichtenagentur RIA Novosti.

Das Gesetz umfasst auch Kritik an den Urteilen des Nürnberger Kriegsverbrechertribunals im Jahr 1946 sowie an den Handlungen der Alliierten während des Zweiten Weltkriegs. Die Sowjetunion kämpfte mit den USA und Großbritannien gegen Nazi-Deutschland, das in einem Angriffskrieg ab dem Jahr 1939 große Teile Europas besetzt hatte.

Blasphemiegesetz

Beobachter sehen im geplanten Gesetz einen Versuch des Kremls, sich ein weiteres Instrument zu verschaffen, mit dem Kritiker mundtot gemacht werden können. So zählte die Abgeordnete Jarowaja auch zu den Proponenten des kürzlich beschlossenen Blasphemiegesetzes, das höhere Strafen für gotteslästernde Handlungen vorsieht.

Im Vorjahr waren zwei Frauen der kreml-kritischen Punkband "Pussy Riot" wegen "Rowdytums aus religiösem Hass" zu je zwei Jahren Straflager verurteilt worden, obwohl Gotteslästerung zu diesem Zeitpunkt nur als Verwaltungsübertretung geahndet wurde.

Chodorkowski: "Hätte mich erschossen"

Kreml stellt Kritik an Roter Armee unter Strafe
Schon länger in Haft sitzt Kremlkritiker Michail Chodorkowski. Dieser ließ in dem Moskauer Wochenmagazin "The New Times" mit der Bemerkung aufhorchen, er hätte sich vor der Festnahme 2003 "erschossen", wenn er gewusst hätte, dass er zehn Jahre Lagerhaft absitzen muss. "Meine jetzige Erfahrung wäre für mich damals ein Schock gewesen", sagte der Ex-Ölmanager vor seinem 50. Geburtstag an diesem Mittwoch.

Anlässlich des Jubiläums wolle er seine Mithäftlinge zum Tee einladen, sagte Chodorkowski. Am meisten freue ihn aber, dass er tags darauf erstmals seit März wieder Frau und Kinder sehe. Der Gegner von Kremlchef Wladimir Putin soll erst 2016 freikommen. Der Ex-Chef des inzwischen zerschlagenen Ölkonzerns Yukos befindet sich unter anderem wegen Steuerbetrugs und Geldwäsche in Haft. Die Organisation Amnesty International erkennt ihn als politischen Gefangenen an

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