Polen auf dem Weg zum autoritären Staat

PiS-Parteichef Kaczynski und Vertrauter Staatspräsident Duda.
Die Rechtsregierung der PiS will rasch Höchstgerichte und Medien unter ihre Kontrolle bringen.

"Noch nie waren Weihnachten so zerstritten" beschwerten sich die Radiohörer nach den Feiertagen. Durch die Familien geht derzeit ein Riss zwischen Anhänger der allein regierenden Partei "Recht und Gerechtigkeit" (PiS) und deren Gegnern. Die PiS unter Parteichef Jaroslaw Kaczynski treibt seit ihrem Regierungsantritt Mitte November Gesetzesveränderungen voran, die nach ihrer Meinung, den "guten Wandel" im Lande möglich machen. Man versprach soziale Verbesserungen, die Opposition aber sieht die Demokratie ausgehöhlt.

Das Gesetz über das Verfassungsgericht, das Staatspräsident Andrzej Duda am Montag unterzeichnet hat, gibt der PiS großen Freiraum in der geplanten nationalkonservativen Umgestaltung Polens.

"Russisches Modell"

Seit Wochen tobt der Streit um die oberste Instanz in Polen. Sowohl die ehemalige Regierungspartei "Bürgerplattform" (PO) wie die PiS versuchen ihre Richter dort zu "positionieren". Denn nur dieses Gericht könnte Gesetzesveränderungen der Regierungspartei abwehren.

Polen auf dem Weg zum autoritären Staat
Participants of an anti-government demonstration gather in front of the private house of Jaroslaw Kaczynski (C), leader of Poland's ruling party Law and Justice (PiS), on December 13, 2015, in Warsaw, to remember the centenary of the introduction of martial law by the authoritarian communist government on December 13, 1989. AFP PHOTO / WOJTEK RADWANSKI
"Wir bekommen hier bald das russische Modell – es gibt Gewaltenteilung, aber nur zum Schein." meint Magda M., Architektin in Warschau. Sie ist seit Anfang in der Protestbewegung "Komitee zur Verteidigung der Demokratie" (KOD) engagiert, welche seit Wochen gegen die PiS protestiert.

Das Parlament aber diskutiert bereits weitere umstrittene Gesetze: So soll Geheimdiensten und Polizei erlaubt werden, fast ohne Einschränkungen Telefongespräche abzuhören oder eMails zu lesen.

Zudem wurden erste Gesetzesentwürfe für die Veränderungen der öffentlich-rechtlichen Medien vorgestellt. Langfristig will die PiS diese in Kulturinstitute wandeln und dem "Ministerium für Kultur und Nationales Erbe" unterstellen. Dabei scheint Eile geboten zu sein – "Wenn die Medien glauben, dass sie die nächsten Wochen damit füllen, unsere Veränderungen zu kritisieren, so muss das unterbunden werden." so PiS-Fraktionschef Ryszard Terlecki, dessen halblanges Haar daran erinnert, einst eine Hippie-Ikone in Polen gewesen zu sein.

An früher fühlen sich viele liberale Polen jedoch eher durch die Aussagen der PiS erinnert. Das Belauschen von Gesprächen, Medien unter Kontrolle des Staates: Das gab es bereits in der sozialistischen Volksrepublik Polen. Mit dem Unterschied, dass heute marktwirtschaftliche Regeln herrschen und die Katholische Kirche ihren Segen zum nationalkonservativen Umbau der Gesellschaft gab.

Dabei wussten die Polen, was auf sie zukommt. Die PiS regierte bereits 2005 bis 2007, und Parteichef Kaczynski ist seit Langem Freund des autoritär regierenden ungarischen Premiers Victor Orban, der die Gewaltenteilung außer Kraft setzt.

Dafür wird Ungarn mittlerweile von der Obama-Administration geschnitten, einige hohe ungarische Beamte haben bereits Einreiseverbot in den USA. "Es gibt beunruhigende Signale, dass die Amerikaner einen Vorwand suchen, den NATO-Gipfel abzusagen" so Gregorz Schetyna, der ehemalige Außenminister Polens. Der Gipfel soll im Sommer in Warschau statt finden. Die neue polnische Regierung erhofft sich die Stationierung von NATO-Basen, um den russischen Nachbarn abzuschrecken.

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