Kobane: Peschmerga-Kämpfer treffen ein

Zehn Kämpfer der Peschmerga-Miliz überschritten am Donnerstag die Grenze.
Der IS scheiterte erneut, Kobane einzunehmen - die Kurden erhalten auch weiterhin Unterstützung aus der Luft.

Die Terrormiliz "Islamischer Staat" (IS) ist erneut mit dem Versuch gescheitert, der erwarteten Verstärkung für das belagerte Kobane den Weg abzuschneiden. Die Verteidiger der nordsyrischen Stadt schlugen einen Angriff der Extremisten auf die Verbindung zur türkischen Grenze zurück, wie die Syrische Beobachtungsstelle für Menschenrechte am Donnerstag berichtete.

Die Verteidiger der belagerten syrischen Kurdenstadt Kobane bekommen wohl nicht nur am Boden Verstärkung, sondern werden auch weiterhin aus der Luft militärisch unterstützt. US-Kampfflugzeuge flogen am Dienstag und Mittwoch acht neue Luftangriffe auf Dschihadistenkämpfer nahe der Grenzstadt, wie das Truppenkommando mitteilte.

Dabei seien sechs Fahrzeuge, mehrere Kampfstellungen und ein Gebäude der IS attackiert worden. Im Irak bombardierten Kampfjets und Drohnen demnach sechs weitere Ziele im nördlich gelegenen Sindshar sowie in Falludsha westlich von Bagdad.

Peschmerga treffen ein

Unterdessen sind auch die ersten Kämpfer der kurdischen Peschmerga-Miliz aus dem Irak eingetroffen. Rund zehn Kämpfer der Kurden-Miliz hätten am Donnerstag die türkische Grenze überschritten, teilte die in Großbritannien ansässige Syrische Beobachtungsstelle für Menschenrechte mit.

Der Rest der Peschmerga-Einheit werde in den kommenden Stunden erwartet, hieß es weiter. Am Vortag waren 90 bis 100 Kurdenkämpfer per Flugzeug in der Türkei eingetroffen. Eine zweite Gruppe ist mit schweren Waffen auf dem Landweg durch die Türkei unterwegs nach Kobane. Die Türkei hatte vergangene Woche zugestimmt, die etwa 150 Kämpfer über ihr Territorium dorthin verlegen zu lassen.

Die kurdische Regionalregierung im Irak hatte erklärt, die Peschmerga sollten in Kobane nicht an vorderster Front kämpfen, sondern vor allem Artillerie-Unterstützung leisten. Die IS-Kämpfer hatten die Stadt mit Panzern und gepanzerten Fahrzeugen angegriffen. Sie drohten mit einem Massaker an den Kurden in Kobane, wenn sie die Stadt einnähmen.

Die IS-Kämpfer versuchen seit Wochen, Kobane vollständig einzunehmen. Die Grenzstadt im Norden Syriens wurde zu einem Symbol im Kampf gegen den IS, der weite Teile Syriens und des Iraks unter seine Kontrolle brachte und dort Gräueltaten an der Zivilbevölkerung begeht.

Selma Irmak hat nicht viel geschlafen. Es war eine lange Nacht. Um sechs Uhr Früh fuhren 38 Wagen der irakischen Peschmerga über die Grenze in die Türkei, um später den in Kobane in Syrien kämpfenden Kurden Schützenhilfe zu leisten (mehr dazu siehe hier). Selma Irmak ist Co-Vorsitzende des Demokratischen Gesellschaftskongresses, ein Dachverband von vor allem kurdischen und linken Oppositionsparteien, der sich als Proto-Parlament versteht. "Kobane hat die Kurden vereint", sagt Selma Irmak, und "wenn die Kurden keine Einheit finden, werden sie nie in Sicherheit leben".

Es ist genau diese Einheit, die türkische Stellen fürchten. Kobane ist auch in der Türkei zu einem Symbol geworden. "Alles, was wir essen, was wir trinken, ist Kobane, alles dreht sich um Kobane", erklärt eine Frauenaktivistin kämpferisch in Diyarbakir.

Zähneknirschend hatte die türkische Regierung den Korridor für die türkischen Peschmerga aus dem Irak zugestimmt – und auch eigene Schritte gesetzt: Sie ließ auch Einheiten der freien syrischen Armee (FSA) über türkisches Territorium nach Kobane. Die Türkei hatte die FSA seit Anfang des syrischen Bürgerkriegs gegen Diktator Assad unterstützt. Die Kurden dagegen hatten sowohl mit der FSA als auch mit der Armee einen Nichtangriffspakt. Durch die Waffenbruderschaft mit der FSA könnte der jetzt in Gefahr geraten.

Für Selma Irmak ist der innertürkische Friedensprozess zwischen Regierung und PKK zu einem Stillstand gekommen. Nach Ausschreitungen und vereinzelten Schussattentaten der vergangenen Wochen fordert sie die Einrichtung einer ständig tagenden Kontaktgruppe oder Schlichtungsstelle. Jene, die Gewalt schürten, nennt sie "dunkle Gruppen", die den Friedensprozess stören wollten. Sie fordert eine Verfassungsänderung, die den Kurden mehr Rechte gewährt – aber auch die Schaffung eines kurdischen Nationalkongresses, der kurdische Interessen über Staatsgrenzen hinweg vertritt.

Aus Kobane wurden am Mittwoch schwere Kämpfe gemeldet. In Selma Irmaks Büro sind die Live-Bilder der Stadt im Fernsehen zu sehen. "Kobane", sagt sie, "ist eine Frage der Menschlichkeit. Kobane wird siegen."

SPÖ-Klubobmann Andreas Schieder, der mit der Grünen Berivan Aslan und SP-Menschenrechtssprecherin Elisabeth Purtscheller in der Südtürkei weilt, hat bei Gesprächen in Diyarbakir eine Streichung der PKK von der Terrorliste gefordert.

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