"In Kürze sind IS-Kämpfer vertrieben"

US-Luftangriffe unterstützten die Kurden in ihrem Kampf um Kobane.
Die Kurden haben die verlustreiche Schlacht um Kobane offenbar für sich entschieden.

Wie der KURIER aus sicherer Quelle erfuhr, haben die kurdischen Verteidiger Kobanes einen strategisch wichtigen Hügel eingenommen und damit fast schon die gesamte nordsyrische Stadt zurückerobert. Das bestätigte im KURIER-Gespräch auch der Chef der türkischen Kurdenpartei HDP, Selahattin Demirtas: "In Kürze werden die IS-Kämpfer gänzlich vertrieben sein."

Allerdings war diese Schlacht eine äußerst verlustreiche auf beiden Seiten. Bis zu 1000 Bewaffnete des "Islamischen Staates" (IS) sollen getötet worden sein. Und ohne die massiven Luftschläge der US-geführten Anti-Terror-Allianz, die am Donnerstag neuerlich in London tagte, wäre Kobane wohl in die Hände des IS gefallen.

Kritik an der Türkei

"In Kürze sind IS-Kämpfer vertrieben"
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Demirtas, der auf Einladung des Dachverbandes der Kurdischen Vereine in Österreich (FEYKOM) in Wien war, kritisierte die türkische Regierung in diesem Zusammenhang massiv: Es gebe zwar keine sicheren Beweise, dass Ankara den IS direkt unterstützt habe, aber die mangelhaften Grenzkontrollen, wodurch viele Dschihadisten nach Syrien gekommen seien, würden eine indirekte Parteinahme darstellen. "Sie wollten den IS stärken – gegen (den syrischen Machthaber) Assad und gegen die Kurden."

Vorbild Österreich

Deren Modell der kantonalen Selbstverwaltung sei zwar nicht "eins zu eins" auf die Situation in den kurdischen Gebieten in der Türkei übertragbar, doch auch "bei uns müssen die regionalen Strukturen gestärkt werden", so der Kurden-Politiker, der damit mehr politische und kulturelle Rechte seiner Volksgruppe (knapp ein Viertel der türkischen Bevölkerung) einfordert. "Ich könnte mir eine Lösung wie in Österreich vorstellen, wo ja die Bundesländer große Kompetenzen haben", sagte der HDP-Vorsitzende, der unter anderem mit Bundespräsident Heinz Fischer zusammentraf.

Den Friedensprozess in der Türkei zwischen Regierung und der Kurden-Guerilla PKK sieht Demirtas derzeit äußerst skeptisch. "Da gibt es keine Fortschritte." Verantwortlich dafür würde allein die Führung in Ankara sein. Die EU forderte er auf, mehr Druck auf die Türkei auszuüben, die kurdische Seite könne sich zudem vorstellen, dass Brüssel einen "Beobachterstatus in den Gesprächen" erhalte. Zusatz: "Ich befürchte aber, dass (der türkische Präsident) Erdogan das nie akzeptieren würde".

Der auf einer Insel vor Istanbul inhaftierte frühere PKK-Anführer Abdullah Öcalan – er verbüßt dort eine lebenslange Gefängnisstrafe – sei weiterhin eine zentrale Figur in dem Friedensprozess. Er, Demirtas, habe den mittlerweile 66-Jährigen mehrmals auf Imrali besucht: "Öcalan meistert die schweren Bedingungen dort sowohl psychisch als auch physisch relativ gut und arbeitet weiter für die Sache der Kurden. Für den Großteil unserer Bevölkerungsgruppe stellt er nach wie vor ein Idol dar."

Kurden-Partei tritt an

Bei den diesjährigen türkischen Parlamentswahlen wollen die Kurden wieder mit einer eigenen Partei antreten. Das birgt ein großes Risiko in sich, da sie bisher immer an der hohen Zehn-Prozent-Hürde gescheitert sind. Deshalb griffen die Kurden 2007 und 2011 in die Trickkiste und schickten "unabhängige" Kandidaten ins Rennen. Zuletzt errangen 36 Kurden-Politiker so ein Direktmandat und zogen ins Parlament ein. "Diesmal", ist Demirtas überzeugt, "knacken wir diese Marke. Und die AKP von Erdogan bleibt unter 50 Prozent."

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