Karas: "Geburtsstunde einer europäischen Steuerpolitik"

Karas sieht keine Ende der Sanktionen gegenüber Russland.
EU-Abgeordneter Karas über transparentes Steuersystem, Russland-Sanktionen und den Problemen mit der Fidesz-Partei.

Zwischen der EU und Russland herrscht Eiszeit. Der Leiter der EU-Russland-Delegation, Abgeordneter Othmar Karas, will die Kanäle mit den Duma-Abgeordneten nützen.

KURIER: Herr Abgeordneter, könnten die Sanktionen gelockert werden?

Othmar Karas: Wir haben einen Vertrauensverlust auf beiden Seiten. Wir nützen den Dialog-Kanal mit der Duma, um Brücken zu bauen. Die Russland-Politik basiert auf dem Minsker-Protokoll (Waffenruhe in der Ostukraine, Abzug russischer Soldaten), so lange das nicht zu 100 Prozent umgesetzt ist, gibt es keinen Abbau der Sanktionen gegenüber Russland.

EU-Kommissar Johannes Hahn legt im März einen Vorschlag für ein neues Konzept der EU-Nachbarschaftspolitik vor. Was erwarten Sie davon?

Er arbeitet an einem Grünbuch bis März. Das Parlament arbeitet an einem Initiativbericht zur Neuordnung der Nachbarschaftspolitik, die der Konfliktbewältigung dient. Das Konzept muss Anreize für wirtschaftliche und politische Reformen bieten und verstärkt die Zivilgesellschaft miteinbeziehen. Man muss dabei auch berücksichtigen, dass jeder Nachbar einen Nachbarn hat. Eine Lehre aus der aktuellen Krise ist, dass es nichts bringt, einzelne Nachbarländer isoliert zu betrachten.

Die Vizepräsidentin des EU-Parlaments, Ulrike Lunacek, verlangt, die Fidesz-Partei von Viktor Orbán aus der Europäischen Volkspartei auszuschließen. Der Grund sind nationalistische und EU-feindliche Äußerungen von Orbán. Unterstützen Sie den Rausschmiss?

Über Ungarn gibt es eine kritische Auseinandersetzungen in der EVP und unterschiedliche Meinungen. Johannes Hahn ist der Vizepräsident der EVP. Ich habe jede umstrittene Frage der Medien-, Minderheiten- oder auch Wirtschaftspolitik aufgegriffen, und sie zur Überprüfung an die EU-Kommission weitergereicht. Wenn jemand die Werte der EU oder der Volkspartei verletzt, hat es Konsequenzen zu geben.

Der EU-Gipfel am 12. Februar beschäftigt sich mit dem Kampf gegen den Terror und nicht - wie geplant - mit dem Investitionspaket. Ist das auf die lange Bank geschoben?

Nein. Die Kommission hat den Gesetzesvorschlag dafür beschlossen. Wir beginnen mit der Beratung dieser Tage.

Soll Österreich in den Investitionsfonds einzahlen?

Ja. Ich sehe in Österreich einen Spielraum bei den Garantien.

Ist die Finanztransaktionssteuer gestorben?

Das liegt an den Mitgliedstaaten. Die EU hat keine Zuständigkeit zur Einführung der Finanztransaktionssteuer. Die kann es erst geben, wenn alle Mitglieder sich auf eine solche Steuer einigen. Elf Staaten wollen eine einführen. Diese elf haben sich bisher darauf geeinigt, das Geld für die nationalen Budgets und nicht für die EU zu verwenden.

Was sind die Konsequenzen der Lux-Leaks-Affäre?

Ich erwarte mir die Offenlegung der Steuerprivilegien in den Mitgliedstaaten. Lux-Leaks soll zur Geburtsstunde einer europäischen Steuerpolitik werden. Wir müssen in EU-relevanten Steuerfragen von der Einstimmigkeit wegkommen. Die Einstimmigkeit blockiert die effiziente, transparente Steuerpolitik. Lux-Leaks hat die Ursache in der nationalen Steuerzuständigkeit. Ab 2015 müssen die Banken bekannt geben, in welchem Land sie mit wie viel Mitarbeitern wie viel Gewinn machen und Steuern zahlen. Das soll auch für große Firmen eingeführt werden. Wir arbeiten derzeit an Berichten, wo alle Steuerpolitiken und Steuerpraktiken der EU-Staaten analysiert und öffentlich gemacht werden. Wir brauchen die Harmonisierung der Bemessungsgrundlage für die Unternehmensbesteuerung und Mindest- sowie Höchststeuersätze für Binnenmarkt-relevante Steuern.

Kommentare