Kann Minister von 60 Euro pro Woche leben?

Britain's Chancellor of the Exchequer, George Osborne, arrives at Millbank broadcast studios in central London March 21, 2013. Osborne delivered his annual budget to the House of Commons on Wednesday. REUTERS/Olivia Harris (BRITAIN - Tags: POLITICS BUSINESS)
Die Wut über Kürzungen der konservativen Regierung richtet sich gegen den Arbeitsminister.

Ian Duncan Smith stehen magere Monate bevor. Zumindest wenn es nach dem Willen von 180.000 Briten geht. Die haben ein Online-Volksbegehren unterschrieben, das vom Arbeitsminister verlangt, ein etwas vollmundiges Versprechen einzulösen. Als Reaktion auf die landesweiten Proteste gegen das Sparpaket der konservativen Regierung hatte Smith gemeint: Wenn notwendig, könne auch er von 60 Euro – dem neuen Minimum an Sozialhilfe – pro Woche leben.

Ein Sturm der Entrüstung brach los, immerhin – so rechnen britische Medien dem Minister vor – wären die 60 Euro gerade zwei Prozent seines Nettogehaltes.

Smiths Bemerkung lässt die seit Tagen anhaltende Wut über die jüngsten Maßnahmen der Regierung weiter hochkochen.

Schlafzimmer-Steuer

Tatsächlich enthält das neue Sparpaket von Finanzminister George Osborne, das diese Woche in Kraft tritt, drastische Einschnitte, die offene Kritik von Kirchen und Wohlfahrtsorganisationen hervorgerufen haben.

Die umstrittenste Maßnahme ist die sogenannte „Schlafzimmer-Steuer“. Sozialhilfe-Empfänger, die in einer Wohnung leben, die mehr Zimmer als Bewohner hat, müssen von jetzt an Abzüge in Kauf nehmen. Das soll sie dazu bringen, ihre Wohnungen gegen kleinere zu tauschen. Dass in vielen Städten Großbritanniens diese kleineren Wohnungen gar nicht vorhanden sind und außerdem schwierige Fälle wie etwa Kinderzimmer nach Scheidungen gar nicht berücksichtigt wurden, sorgt für massive Empörung. Der Minister, der in einem riesigen Herrenhaus aus dem 16. Jahrhundert lebt, hätte da wohl einige Abzüge, spottet man in britischen Internet-Foren.

Man wolle endlich „die Leute unterstützen, die das Richtige tun, nämlich in der Früh aufstehen und arbeiten“, verteidigt Finanzminister George Osborne das Maßnahmenpaket, das auch Einschnitte bei Invalidenrenten oder die Abschaffung der kostenlosen Rechtshilfe für Kleinstverdiener enthält.

Außerdem werden in Zukunft alle Arten von Sozialhilfe, die eine Familie erhält – vom Kindergeld bis zu Sozial- und Wohnungsbeihilfe – gedeckelt: Insgesamt maximal 29.000 Euro pro Jahr und Familie. Eine Reform, die laut Umfragen von einer Mehrheit der Bevölkerung unterstützt wird.

Doch Osbornes Reformpaket trifft nicht nur die Beihilfen-Empfänger. Durch die Erhöhung der Gemeindesteuern werden auch Kleinverdiener getroffen, während zugleich der Höchststeuer-Satz von 50 auf 45 Prozent gesenkt wird.

Neun von zehn Haushalten, so verteidigt sich die Regierung, würden von der Reform profitieren. Keine politische Rückendeckung gibt es dagegen für Arbeitsminister Smith, der sich die Kritik vorerst gefallen lassen muss. „Keine Ahnung vom Leben“, ärgert sich ein betroffener Sozialhilfe-Empfänger in der Zeitung The Guardian: „60 Euro gibt der in einem Geschäft aus.“

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