Neue Gewalt am "Freitag der Revolution"

An vielen Orten lieferten sich Palästinenser gewalttätige Auseinandersetzungen mit der israelischen Armee
Palästinenser-Aufstand gegen Israel, Messer-Attacke auf Soldaten.

Mit einem Aktionstag im Westjordanland machten Palästinenser auf die – ihrer Meinung nach – unerträgliche Besatzung und Unterdrückung durch Israel aufmerksam. Einen "Freitag der Revolution" hatten sie dafür ausgerufen, nach den traditionellen muslimischen Gebeten kam es an vielen Orten zu Demonstrationen, die oft in einem Schlagabtausch mit der Armee mündeten.

Schon in der Früh hatten Jugendliche in Nablus das Josefsgrab in Brand gesetzt und schwer beschädigt. Dieses gilt vielen Juden als heilig, weil dort der Überlieferung nach Josef, der Sohn von Jakob und Rahel und einer der Urväter der Zwölf Stämme Israels, bestattet sein soll. Eigentlich von palästinensischen Polizisten bewacht, dürfen jüdische Pilger ein Mal pro Monat unter israelischem Militärschutz die Anlage besuchen.

Neue Generation

Zu Beginn der zweiten Intifada (des palästinensischen Volksaufstandes) im Jahr 2000 wurde das Grabmal schon einmal von Palästinensern attackiert und verwüstet. Allerdings unterscheidet sich die aktuelle Gewaltentladung in den Autonomiegebieten grundsätzlich von früheren Krisenzeiten. Zuvor flogen hauptsächlich Steine und Molotowcocktails gegen die Barrieren der israelischen Armee. Und die palästinensischen Behörden konnten die Intifada noch einigermaßen steuern.

Heute schießen junge Menschen auf Israelis, fahren sie mit Autos nieder oder stechen auf sie mit Messern in Bussen oder im Freien ein. Auch am Freitag kam es zu einem derartigen Zwischenfall: In der jüdischen Siedlung Kiriat Arba bei Hebron im Westjordanland griff ein Palästinenser einen israelischen Soldaten mit einem Messer an. Der Uniformierte wurde leicht verletzt, der Attentäter, der sich als Reporter getarnt hatte, erschossen. In den vergangenen Tagen waren bei ähnlichen Überfällen sieben Israelis getötet worden – und 30 Palästinenser, die Hälfte davon waren Täter.

"Facebook-Intifada"

Ein weiteres Novum dieser Gewalteskalation: Die palästinensische Autonomiebehörde hat kaum bis keinen Einfluss auf den Lauf der Ereignisse. Denn zwei von drei Palästinensern sind unter 30 Jahre und verbinden mit dem Oslo-Friedensprozess der 1990er-Jahre gar nichts mehr. Ihr Bild von Israel prägen Besatzung, Mauern, Siedlungsbauten. Mehr noch: "Die Jugendlichen sind nicht nur voller Wut auf die Israelis, sondern auch auf das Taktieren der palästinensischen Politiker, die in ihren Augen – angefangen mit Oslo – die Zukunft verspielt haben", meint dazu der politische Analyst und Autor Khalil Shaheen. Über Soziale Medien koordinieren diese Teenager ihre "Facebook-Intifada" und stacheln sich gegenseitig an.

Israel reagiert mit aller Härte – Ostjerusalem wurde abgeriegelt –, die Menschen freilich sind verunsichert. Denn solche Angreifer "aus dem Nichts" sind schwer abzuwehren. Über soziale Netzwerke werden Selbstverteidigungskurse für den Fall einer Messer-Attacke angeboten; Rettungsdienste liefern Handlungsanleitungen, wie man nach einer Stichverletzung die Blutung rasch stoppen kann; und der israelische Verteidigungsminister Moshe Yaalon hat alle Landsleute mit Waffenschein dazu aufgerufen, ihre Schusswaffen immer bei sich zu tragen. Auf palästinensischer Seite wiederum geht die Angst um, fälschlicherweise für einen Terroristen gehalten und erschossen zu werden.

Um aus dieser Spirale der Gewalt herauszufinden, kam der UN-Sicherheitsrat zu einer Krisensitzung zusammen.

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