"Jede Frau soll das Kopftuch tragen, wenn sie das will"

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Fatma Sahin spricht sich im KURIER-Interview gegen Verbote aus. Und sie verteidigt den Appell des Premiers, dass Frauen drei Kinder gebären sollen.

Zum Interview im Wiener Hilton-Hotel kommt die türkische Frauenministerin Fatma Sahin in modernem Kostüm, ihr wallendes Haar verbirgt sie nicht unter einem Kopftuch. Dennoch tritt sie vehement dafür ein, dass „jede Frau das Kopftuch tragen soll, wenn sie das will“.

Gegen Burka-Verbot

„Wir sind zu 99 Prozent ein muslimisches Land“, betont sie, „zugleich aber ein laizistischer und demokratischer Rechtsstaat.“ In einem solchen müsse jeder und jede den Glauben leben können. Das beinhalte eben auch die „Freiheit für das Kopftuch“. Ob das auch für das Tragen der Burka (Ganzkörperschleier mit einem Netz vor den Augen) gelte? „Dieses Problem haben wir in der Türkei nicht, aber wenn sich eine Frau darin wohlfühlt, warum nicht?“, meint Fatma Sahin. Verbote seien nicht sinnvoll.

Damit liegt sie ganz auf der Linie ihres Chefs, Premier Recep Tayyip Erdogan. Auch seinen teils heftig kritisierten Vorstoß, wonach jede türkische Frau mindestens drei Kinder gebären soll, teilt die Ministerin. „Er hat damit auf wissenschaftliche Erkenntnisse reagiert, wonach auch bei uns die Bevölkerung stagniert, im Westen des Landes sogar leicht zurückgeht. Ich will nicht, dass unsere Gesellschaft – so wie in der EU – schwindet. Die junge Generation ist doch unser größtes Kapital.“

Der Staat müsse in diesem Zusammenhang Anreize schaffen. Zugleich aber auch gewährleisten, dass Kind und Karriere vereinbar sind. Derzeit ist das freilich nicht der Fall. Die Türkei hat mit gut 20 Prozent eine der niedrigsten Frauenerwerbsquoten – zum Vergleich: In Österreich liegt der Wert bei rund 65 Prozent. „Aber es ist uns in den vergangenen Jahren gelungen, die Marke um 30 Prozent anzuheben. Außerdem sind bei uns zwölf Prozent der CEOs weiblich, weltweit nur sieben Prozent. Und an den Unis haben wir schon 45 Prozent Studentinnen“, sagt Fatma Sahin.

Zum Thema Abtreibung bekräftigt die Frauenministerin, dass die derzeit gültige Regelung, die einen Schwangerschaftsabbruch in den ersten drei Monaten ermöglicht, beibehalten werde. Ursprünglich hätte die Frist auf vier Wochen verringert werden sollen. Doch nach massiven Protesten ließ die Regierung von diesem Vorhaben wieder ab. „Die Letztentscheidung soll bei der Mutter bleiben. Durch Informationen wollen wir aber die hohe Zahl von ungewollten Schwangerschaften, das sind vier von zehn, reduzieren“, so die Ressortchefin.

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