Rom

Italiens Populisten mit neuem Superstar

Mit Virginia Raggi von der Protestpartei des Komikers Grillo übernimmt erstmals eine Frau das Bürgermeisteramt in der Ewigen Stadt.

Virginia Raggi hat ihr strahlendes Sieger-Lächeln angeknipst. "Als historischen Tag" bezeichnet die Kandidatin der Fünf- Sterne- Protestbewegung des Komikers Beppe Grillo den Kommunalwahlsieg in Rom. Als erste Frau wird die 37-jährige Anwältin das Kommando in der Ewigen Stadt übernehmen.

700 km nördlich siegt bei der Bürgermeisterwahl in Turin mit Chiara Appendino, 31, ebenfalls eine Fünf-Sterne-Frau. Erstmals nach 23 Jahren verliert die Linke damit diesen Stadtchef-Posten.

"Das ist erst der Anfang"

Von einem weiblichen Triumphzug sprechen italienische Medien. Nach dem fulminanten Wahlsieg in der Hauptstadt muss die europafeindliche Protestbewegung nun aber ihre Regierungsfähigkeit unter Beweis stellen. "Das ist erst der Anfang", jubelt Grillo danach. Beeindruckend sind vor allem die Zahlen: Raggi kann 67 Prozent der Wählerstimmen auf sich verbuchen. "Das Ergebnis übertrifft jede Erwartung. Wir müssen uns jeden Tag der nächsten fünf Jahre Mühe geben. Denn es wird hart werden. Wir wissen ja, wie Rom ist", kommentiert die Römerin Raggi.

Auf die Anwältin mit geringer politischer Erfahrung wartet in der Tat eine Herkulesaufgabe. Rom versinkt in einem Schuldenberg von 13 Milliarden Euro. Die veraltete Infrastruktur ist schwer sanierungsbedürftig. Müllberge machen der Stadt ebenso zu schaffen wie das tägliche Verkehrschaos, Korruption und Mafia-Infiltrationen. Die Mutter eines kleinen Sohnes will mehr Krippen- und Spielplätze einrichten. Außerdem hat sie versprochen, den öffentlichen Nahverkehr auszubauen und auch in Rom kostenlose Leihfahrräder einzuführen.

Grillo grimmig

Im Wahlkampf positionierte sich Raggi gegen Roms Teilnahme an den Olympischen Spielen 2024. Es sei "kriminell", Geldsummen dafür auszugeben, "wenn die Stadt unter Verkehr und Schlaglöchern zusammenbricht". Lobbys, die sich von der Olympia-Teilnahme bereits Millionenaufträge erhoffen, kritisieren diese Entscheidung.

Die 2009 gegründete Fünf-Sterne-Protestbewegung ist wegen ihrer autoritären Struktur verrufen. Wer sich nicht an die von Grillo diktierte Linie hält, fliegt. Vor der Teilnahme an der Bürgermeisterwahl musste sich Raggi schriftlich verpflichten, im Falle ihres Wahlsieges alle Entscheidungen von Gründer Grillo absegnen zu lassen.

Kritische Köpfe, die das Parteiprogramm nicht blind umsetzen, müssen ein Strafgeld von 150.000 Euro zahlen. Die Aktivitäten von Grillos Parlamentariern werden streng überwacht. "Die Bewegung ist militarisiert. Viele ziehen aus Angst den Kopf ein oder haben bereits das Handtuch geworfen", so ein Politologe.

Kommentare