"Re Giorgio" hat mit 89 abgedankt

Die Italiener hätten Napolitano gerne weiterhin als Präsidenten.
Staatspräsident Napolitano reicht nach neun Jahren im Amt seinen Rücktritt ein; Suche nach Nachfolger.

Der Rücktritt von Staatspräsident Giorgio Napolitano ist erfolg. Nach neun Jahren legt der 89-jährige Staatsmann am Mittwoch sein Amt nieder. Müdigkeit und sein Alter gab Napolitano in seiner Neujahrsansprache als Gründe für seine Entscheidung an. Am Dienstag verabschiedete sich der 1925 in Neapel Geborene bereits von seinen Mitarbeitern im Quirinal, dem Präsidentensitz in Rom.

"Ich habe ein Alter erreicht, das mir zunehmend Grenzen auferlegt und Schwierigkeiten bereitet, meinen institutionellen Verpflichtungen nachzukommen, die sehr komplex und anspruchsvoll sind", erklärte Napolitano, den viele Italiener als Stabilitätsanker in stürmischen Zeiten sehen. Laut Meinungsumfragen hätten mehr als 80 Prozent aller Italiener Europas ältesten Staatschef am liebsten weiterhin als Präsidenten. Ehefrau Clio zeigt sich erleichtert: "Dass wir nun wieder in unserer Privatwohnung leben dürfen, wird sich ein bisschen wie Urlaub anfühlen."

Inmitten der schweren Wirtschafts- und Finanzkrise, Korruptionsskandalen und fünf wechselnden Regierungschefs bewahrte "Re Giorgio", König Giorgio, wie er respektvoll genannt wird, stets die Ruhe. Auch wenn sein Amt vornehmlich Repräsentationspflichten vorsieht, brachte sich der frühere Kommunist, der sich in den eigenen Reihen mit einem USA-freundlichen Kurs unbeliebt machte, ehemalige Innenminister und Europa-Abgeordnete, immer wieder aktiv in das turbulente politische Geschehen ein.

Dass Napolitano als 11. Staatspräsident Italiens seine zweite Amtszeit nicht zu Ende führen werde, ließ er bereits bei seinem Antritt im April 2013 durchblicken. Die Wahl seines Nachfolgers scheiterte, nachdem gleich zwei Kandidaten die notwendige Mehrheit verfehlten.

Premier Matteo Renzi bedankte sich bei seiner Rede zum Ende der italienischen EU-Ratspräsidentschaft beim Staatspräsidenten. Napolitano sei ein "überzeugter Europäer", betonte Renzi: "Auch in diesen sechs Monaten war Napolitano die Führung unseres Landes. Er hat einen langen Weg des Wandels durchgemacht und die Schwierigkeiten in Italien mit Intelligenz und Weisheit in Angriff genommen." Die EU-Parlamentarier in Straßburg beehrten Napolitano mit einem Applaus.

Zu Wochenbeginn traf er mit Premier Renzi zusammen, um über die anstehende Reformen sowie mögliche Nachfolger zu beraten. Ein neues Wahlgesetz, umfangreiche Reformen – etwa des Senats – waren Napolitano stets ein großes Anliegen. Als Krisenmanager des Landes zog er in der Finanzkrise 2011 die Fäden und galt als stabiler Anker für Brüssel. Er drängte Silvio Berlusconi zum Rücktritt und setzte Mario Monti als Premier ein. Kritiker warfen Napolitano vor, er würde seine Amtsbefugnisse überschreiten.

"Präsidenten-Toto"

Auf Renzi, dessen Reformen ins Stocken geraten, wartet die nächste Hürde: Binnen weniger Wochen muss ein mehrheitsfähiger Kandidat für das Amt des Staatschef gefunden werden. Bis dahin wird Senatspräsident Pietro Grasso als Staatsoberhaupt regieren.

Als möglicher Nachfolger ist der ehemalige Premier und EU-Kommissionspräsident Romano Prodi im Gespräch. Auch Mario Draghi, Präsident der Europäischen Zentralbank, wird genannt. Eine der aussichtsreichsten Anwärterinnen, die ehemalige Außenministerin Emma Bonino, könnte ausfallen: Sie machte kürzlich ihre Lungenkrebserkrankung öffentlich und erklärte, die Heilung habe vorerst Priorität.

Weitere Chancen um das Präsidentenamt werden Ex-Premier Giuliano Amato sowie Finanzminister Pier Carlo Padoan eingeräumt.

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