Neues Wahlrecht soll Ruhe in Roms Politik bringen

Premier Matteo Renzi boxte seine Wahlrechtsreform durch
Der Sieger des Urnenganges bekommt eine größer Mehrheit / Die künftige Regelung gilt als Erfolg für Premier Renzi.

Einen Erfolg für seine Regierung kann Italiens Premier Matteo Renzi nach der Verabschiedung des Wahlgesetzes "Italicum" verbuchen. Die Wahlreform ist die erste große institutionelle Reform seiner Amtszeit. Sie soll dem Wahlsieger eine stabile Mehrheit im römischen Parlament garantieren und somit die Amtszeit künftiger Regierungen verlängern.

Vor dem Beschluss – bei dem 334 Abgeordnete dafür und 61 dagegen stimmten – war monatelang heftig debattiert worden. Abgeordnete der Oppositionsparteien, darunter die "Fünf-Sterne-Bewegung" von Beppe Grillo und Silvio Berlusconis "Forza Italia" verließen vor dem Votum den Saal. Renzi hatte die Reform zwar mit Ex-Regierungschef Silvio Berlusconi ausgehandelt. Im Februar machte Berlusconi jedoch plötzlich einen Rückzieher. Er protestierte damit gegen Renzis Beschluss, ohne seine Unterstützung Sergio Mattarella im Parlament zum neuen Staatspräsidenten wählen zu lassen.

Widerstand

Auch parteiintern gab es Widerstand: Der linke Flügel der Demokratischen Partei (PD) hatte sich gegen die Reform gesträubt. Vor allem Renzis autoritärer Stil stößt bei einigen Abgeordneten auf heftige Kritik: Er habe keine demokratische Debatte über die Wahlreform im Parlament zugelassen. Um sich gegen etwaige Änderungen der Reform abzusichern, verknüpfte Renzi die für ihn zentrale Abstimmungen mit der Vertrauensfrage – und gewann sie. Zuvor hatte er mit seinem Rücktritt gedroht, sollte er die Reform, die einen Schwerpunkt seines Regierungsprogramms bildet, nicht durchbringen.

Das neue Wahlgesetz sieht vor, dass die Partei, die mindestens 40 Prozent der Stimmen erlangt, eine 55-Prozent-Mehrheit im Parlament bekommt. Dieser Mehrheitsbonus soll dafür sorgen, dass eine Regierung künftig auch ohne Bündnispartner solide genug ist, um die Legislaturperiode zu überstehen. Falls keine Partei mehr als 40 Prozent erreicht, kommt es zu einer Stichwahl zwischen den beiden stärksten Parteien. Alle kandidierenden Gruppen müssen künftig mindestens drei Prozent der Stimmen erreichen, um ins Parlament einzuziehen.

"Nicht nur Nein sagen"

In für ihn typischem Stil twitterte Premier Renzi nach dem erfolgreichen Votum: "Versprechen gehalten. Italien braucht jene, die nicht immer nur Nein sagen. Weiter so, mit Bescheidenheit und Mut." Was Bescheidenheit betreffe, müsse Renzi jedoch noch einiges lernen, sagt einer seiner Kritiker.

Italien hatte in den vergangenen vier Jahren vier unterschiedliche Regierungen. Die Wahlrechtsreform, die Staatspräsident Mattarella gestern, Dienstag, unterzeichnete, tritt Mitte kommenden Jahres in Kraft. Damit sie ihre gewünschte Wirkung entfaltet, ist noch eine Verfassungsänderung nötig, mit der die Rechte des Senats eingeschränkt werden. Denn die zweite Parlamentskammer ist bisher der ersten Kammer gleichgestellt.

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