Neuer Premier Renzi in Eile

Premier Renzi läutete am Samstag seine erste Regierungssitzung ein.
Frisch angelobter Regierungschef präsentiert sein jüngeres und weiblicheres Kabinett.

Das Kabinett von Premier Matteo Renzi wurde am Samstag vereidigt und kann schon jetzt einige Premieren vorweisen: Mit 39 Jahren ist Renzi der jüngste Regierungschef in der Geschichte Italiens und der EU. Sein Team besteht aus nur 16 Ministern, darunter sind erstmals die Hälfte davon Frauen. Der dringend notwendige Generationenwechsel ist an der Spitze angekommen. Das Durchschnittsalter des Teams beträgt 46 Jahre.

Reformministerin Maria Elena Boschi und ihre im achten Monat schwangere Kollegin für Bürokratieabbau, Marianna Madia, sind erst Anfang Dreißig. Anders ist die Situation beim Wirtschaftsressort. Dort setzt Renzi auf langjährige Erfahrung und vertraut einem Mann im "Pensionsalter". Der stellvertretende OECD-Generaldirektor Pier Carlo Padoan (64) spielt eine Schlüsselrolle bei der Sanierung des wirtschaftlich schwer angeschlagenen Landes. Noch in der Vorwoche wurde er von Ex-Premier Letta zum Direktor des Nationalen Statistikinstituts Istat bestellt. Als Berater der Weltbank, der Europäischen Zentralbank und des Internationalen Währungsfonds (IWF) hat sich Padoan international einen Namen gemacht. "Die OECD-Erfahrung wird ihm bei den Beziehungen zu internationalen Institutionen, Märkten und Finanzinvestoren auf der ganzen Welt sicher helfen", sagt der Finanzdozent der Mailänder Business School MIP, Marco Giorgino zum KURIER.

Neue Arbeitsplätze

Nun warten alle darauf, wie der neue Wirtschaftsminister Renzis Versprechen – dringend benötigte Arbeitsplätze zu schaffen – umsetzen wird. "Im Zuge einer effizienten Arbeitsmarktreform ist es wichtig, Steuerlösungen zu finden, damit die Wettbewerbsfähigkeit angekurbelt wird. Die Kluft zwischen den hohen Kosten für die Unternehmen und den geringen Einkommen der Arbeitnehmer muss reduziert werden. Der Steuerdruck muss gesenkt werden, um Investitionen und Konsum wieder zu steigern", erklärt Giorgino.

Das Land verzeichnete laut einer aktuellen Studie des italienischen Konsumentenschutzverbandes in den vergangenen fünf Jahren aufgrund hoher Arbeitslosigkeit Konsumrückgänge von 47 Milliarden Euro.

Neuer Premier Renzi in Eile
"Der Widerstand im Parlament gegen Reformen und Gesetze dürfte jedoch groß sein. Dabei riskieren Renzi und Padoan viel, wenn nicht alles", fürchtet Giorgino. Dringend müsse auch die hohe Staatsverschuldung eingedämmt werden, so der Mailänder Ökonom.

Doch Renzi machte bisher kein Geheimnis daraus, dass seine Priorität entgegen der EU-Forderungen nicht im Abbau der Neuverschuldung, sondern im Ankurbeln des Wirtschaftswachstums liegt. Mit Padoan an seiner Seite, der sich noch vor wenigen Monaten für eine rigorose Sparpolitik aussprach, könnte Renzi die Sorgen Brüssels über die Bilanzdisziplin Italiens zerstreuen.

Außerdem ruhe sich Italien zu stark auf den "seinen früheren Errungenschaften, den Lorbeeren der Vergangenheit" aus, kritisiert Giorgino: "Wenn es Renzi nicht gelingt, ein positiveres, soziales Klima zu schaffen, wird alles noch komplizierter."

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