Gegenwind für Renzi immer rauer

Fast täglich Demonstrationen gegen Renzi
Massenproteste: Der italienische Premier hält an seiner Arbeitsmarktreform fest.

Wenn Renzi links ist, dann ist Berlusconi ein Feminist" – von der jüngsten Kündigungswelle betroffene Arbeiter des Telekom-Unternehmens Alcatel halten beim Besuch des Regierungschefs im norditalienischen Vimercate dieses Plakat hoch. "Während 550 Arbeitsplätze auf dem Spiel stehen, redet Matteo Renzi nur mit Unternehmern, aber nicht mit Betroffenen", kritisiert ein Alcatel-Mitarbeiter. Der 39-jährige Premier konnte auf der Flucht vor Wurfgeschoßen und Protestrufen den Firmensitz nur durch den Seiteneingang verlassen.

Die landesweiten Proteste gegen die umfangreiche Arbeitsmarktreform Renzis, bei der der Kündigungsschutz gelockert und Arbeitsrechte beschnitten werden, nehmen zu. Heute, Samstag, steigen in Rom erneut die Gewerkschaften auf die Barrikaden. Sie demonstrieren gegen den Beschluss der Regierung, auch 2015 die Beamtengehälter nicht zu erhöhen und Stellen in der öffentlichen Verwaltung zu kürzen. Erst vor zwei Wochen nahmen Hunderttausende Personen in der italienischen Hauptstadt an einer Großkundgebung der Gewerkschaften gegen die Arbeitsmarktreform teil, die ab 1. Jänner 2015 in Kraft treten soll.

Widerstand kommt auch aus Renzis eigener Partei: Der linke Flügel der "Demokratischen Partei", der mit einer "Sozialdemokratie à la Tony Blair" nichts anfangen kann, wehrt sich gegen Veränderungen. Bisher profitiert eine kleine Gruppe vor allem älterer Arbeitnehmer von unbefristeten Verträgen und dem unantastbaren Kündigungsschutzparagrafen 18. Jungen Leuten bleiben bei der Jobsuche nur der Weg ins Ausland, das Prekariat oder unbezahlte Praktika. Die Jugendarbeitslosenrate in Italien beträgt über 40 Prozent.

Auch bei der Einweihung eines neuen Bereichs des Flugzeugherstellers Piaggio Aerospace bei Genua bekam Renzi gestern scharfen Gegenwind zu spüren. Arbeiter protestierten gegen die Auslagerung weiterer Firmenbereiche. "Von 1300 Beschäftigten bleiben nur mehr 900. Es gibt nichts zu feiern", sagte ein Gewerkschaftsvertreter.

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