Istanbul: "Es gibt nur Verlierer"

Gülşen Bahadır, 28, arbeitete am Flughafen. Dort starb sie auch
Trauer: Die Zahl der Toten ist mittlerweile auf 43 gestiegen.

"Ich kämpfe nicht, ich liebe", schrieb Gülşen Bahadır in ihrem letzten Facebook-Post. "Ich danke euch allen." Als ob sie gespürt hätte, dass sie eine Woche später nicht mehr am Leben sein werde, schrieb die 28-jährige Flughafenangestellte auf ihrer Seite eine lange Hommage an die Liebe und gegen den Krieg. "Denn im Krieg gibt es keine Gewinner – nur Verlierer."

Gülşen Bahadır ist eines der 43 Terroropfer von Dienstagabend. Auch sie starb beim Attentat am Atatürk Airport in Istanbul. Unter den Todesopfern waren viele Türken, die meisten von ihnen Flughafenpersonal. Die anderen 19 Toten sind Iraker, Iraner, Afghanen, Saudis, Jordanier, Usbeken, Ukrainer, Tunesier. Viele von ihnen wurden am Donnerstag beerdigt.

Als Held des Dienstag kristallisierte sich der Zollbeamte Umut Sakaroğlu heraus. Auf den Überwachungsbildern ist zu sehen, wie der junge Mann auf einen der Selbstmordattentäter schießt, als der sich durch die erste Sicherheitsschleuse bewegen wollte. Der Terrorist zündete dann seine Sprengstoffweste, die auch den nahe stehenden Sakaroğlu tötete. Wäre er weiter vorgedrungen, "hätte er viel mehr wartende Menschen getötet", lobte ein Augenzeuge gegenüber der türkischen Hürriyet die Heldentat.

Sakaroğlu wurde gestern beigesetzt. Ebenso wie der 24-jährige Serkan Turk, der am Dienstag seine Mutter vom Flughafen abholen wollte. Er wurde von der zweiten Explosion getötet, als er Verletzten helfen wollte. Ebenso wie Yousuf Haznedaroğlu, der nächste Woche heiraten wollte. Ebenso wie Çöl Kontuar vom Bodenpersonal und der 51-jährige Taxifahrer Mustafa Bayrakli.

Er wollte den Sohn vom IS befreien

Auch Fathi Bayoudh musste am Dienstag am Istanbuler Flughafen sterben. Der Arzt aus Tunesien hatte am Atatürk-Flughafen auf die Ankunft seiner Frau gewartet, als der Anschlag geschah. Die Bayoudhs waren in der Türkei, um ihren Sohn aus türkischer Haft freizubekommen. Die beiden hatten ihren Sohn nicht gesehen, seit der aus der tunesischen Heimat abgehauen war. Er war in Richtung Syrien und Irak gereist, um sich der Terrormiliz IS anzuschließen. Der Arzt hatte es nach monatelangem Reden aber geschafft, den Sohn zur Rückkehr zu bewegen. In der Türkei war er wegen Verdachts auf Mitgliedschaft bei einer Terrorgruppe festgenommen worden. Und nun starb sein Vater bei einem Anschlag, den vermutlich genau diese Terrormiliz geplant hat.

Herkunft der Täter geklärt

Die Suche nach den Tätern und deren Hintermännern ging unterdessen weiter. Sowohl türkische Regierung als auch CIA sahen den Verdacht auf den IS hinter dem Anschlag als erhärtet. Ein Regierungsvertreter sagte am Donnerstag, dass die drei Selbstmordattentäter aus IS-Rekrutierungsgebieten in Usbekistan, Kirgisistan und Russland (Teilrepublik Dagestan) stammten. Bei 16 zeitgleichen Razzien nahmen Sondereinsatzkommandos der Polizei in Istanbul 13 Verdächtige fest.

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