Istanbul: Attentäter durchbrach Sicherheitsschleuse

Bombe eins an Sicherheitskontrolle im Eingangsbereich. Bombe zwei wurde im Inneren des Atatürk Airports gezündet.

Einer der drei Selbstmordattentäter vom Istanbuler Atatürk-Flughafen ist nach Angaben aus Regierungskreisen doch in die Abflughalle des Internationalen Terminals gelangt. Der erste Attentäter habe sich an der Sicherheitskontrolle im Eingangsbereich in die Luft gesprengt.

Er habe damit Chaos ausgelöst, sodass der zweite Attentäter ins Gebäude gelangen und seinen Sprengsatz in der Abflughalle im ersten Stock zünden konnte, hieß es am Mittwochabend aus Regierungskreisen. Ein dritter Attentäter sprengte sich demnach anschließend draußen vor dem Gebäude in die Luft. Mutmaßlich habe er damit fliehende Menschen treffen wollen.

Zunächst hatte es aus Regierungskreisen geheißen, keiner der drei Angreifer habe die Sicherheitsschleusen zum internationalen Terminal passiert. Augenzeugenberichte und Videos in sozialen Medien hatten jedoch früh darauf hingedeutet, dass mindestens ein Angreifer in den Innenbereich gelangte.

Zahl der Todesopfer auf 42 gestiegen

Bei dem verheerenden Terrorangriff auf den Atatürk-Flughafen hatten die drei Selbstmordattentäter am Dienstag Dutzende Menschen mit in den Tod gerissen und 239 verletzt. Die staatliche Nachrichtenagentur Anadolu berichtete am Mittwochabend unter Verweis auf Quellen im Gesundheitswesen, eine lebensgefährlich verletzte Frau sei inzwischen ebenfalls gestorben und die Zahl der Todesopfer damit auf 42 gestiegen.

Dennoch sah die türkische Regierung keine Versäumnisse bei der Sicherheit. "Weder im Abflug- noch im Ankunftsbereich am Flughafen kann von einer Sicherheitslücke die Rede sein", sagte Ministerpräsident Binali Yildirim. Erste Hinweise deuteten auf die Terrormiliz Islamischer Staat (IS) als Urheber des Anschlags auf dem größten Flughafen der Türkei hin, sagte er.

Es war bereits der vierte schwere Anschlag in Istanbul seit Jahresbeginn. Der IS hat sich noch zu keinem der ihm in der Vergangenheit zugeschriebenen Anschläge in der Türkei bekannt.

Die Folgen

Das Attentat zum Beginn der Feriensaison in Europa dürfte die Krise der Tourismusbranche in der Türkei noch verschärfen. Schon für den Mai war ein Einbruch der Besucherzahlen um 34,7 Prozent gemeldet worden, verglichen mit dem Vorjahreszeitraum.

Die Türkische Gemeinde in Deutschland forderte mehr Solidarität: "Europa macht zu oft den Fehler, dass es Terrorismus als zweitrangig betrachtet, wenn er nicht direkt vor der eigenen Tür geschieht", sagte der Vorsitzende des Verbands, Gökay Sofuoglu, der "Rheinischen Post" (Donnerstag). "Die Länder müssten aufhören, sich gegenseitig vorzuwerfen, wer wo an welchen Terroranschlägen mit Schuld trage." Vielmehr müssten die Kräfte im Anti-Terror-Kampf gebündelt werden, ansonsten gewännen der IS und andere Terroristen weiter an Boden.

Der deutsche CDU-Außenpolitiker Norbert Röttgen drängt die türkische Regierung indes, die umstrittenen Anti-Terror-Gesetze des Landes zu lockern. "Unter dem Deckmantel der Anti-Terror-Gesetzgebung darf keine allgemeine Anti-Oppositions-Gesetzgebung stattfinden", sagte der Vorsitzende des Auswärtigen Ausschusses im Bundestag den Zeitungen des Redaktionsnetzwerks Deutschland. Die Sicherheitslage in der Türkei sei besorgniserregend: "Die Häufung der Anschläge in der Türkei drückt eine zunehmende Eskalation von terroristischer Gewalt und staatlich-militärischer Gegengewalt aus.

Mildert EU Türkei-Kurs ab?

Nach Informationen der Bild-Zeitung gibt es in der EU-Kommission Überlegungen, vom harten Kurs gegenüber der Türkei abzurücken. Bisher verlangte Brüssel eine Abmilderung der türkischen Anti-Terror-Gesetze im Gegenzug für Visa-Erleichterungen. Nun solle sich Kommissions-Vizepräsident Frans Timmermans am Donnerstag mit dem türkischen Außenminister Mevlüt Cavusoglu treffen, um über mögliche Zugeständnisse zu beraten, berichtete die Zeitung.

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