Regierungskrise in Israel, Gewalt eskaliert

Israels ultrarechter Außenminister bricht mit Netanyahu. Tatverdächtige gestanden indes Mord an Schüler.

Die Gewalt zwischen Israelis und Palästinensern ist am Montag weiter eskaliert. Bei einem Luftangriff auf Ziele im Gazastreifen kamen der radikal-islamischen Hamas zufolge sieben ihrer Kämpfer ums Leben. Der Raketenbeschuss aus der palästinensischen Region auf Israel ging weiter. Dazu bahnt sich eine innenpolitische Krise an: Außenminister Avigdor Lieberman hat das Bündnis seiner ultrarechten Partei Israel Beitenu mit dem regierenden Likud aufgekündigt. Lieberman sagte am Montag, Hintergrund seien "tiefgreifende Meinungsverschiedenheiten" mit dem israelischen Ministerpräsidenten Benjamin Netanyahu. Lieberman wolle sich schon in den nächsten Tagen an die Knesset wenden, um seine Partei wieder als separate Fraktion anerkennen zu lassen. Seine Fraktion wolle in der Koalition bleiben, betonte er aber. Lieberman kritisierte Netanyahus Vorgehen gegen die im Gazastreifen herrschende Hamas als zu zögerlich. Die beiden Politiker hatten ihr Bündnis vor den Wahlen im Januar 2013 geschlossen.

"Mit Hamas aufräumen"

Lieberman warf Netanyahu vor, die "Operation Wolkensäule" im November 2012 vorzeitig abgebrochen und nicht vervollständigt zu haben. Lieberman vertrat die Meinung, dass das eine Gelegenheit gewesen sei, anhand einer Bodenoffensive "mit der Hamas aufzuräumen". Doch Netanyahu habe den damals befürchteten Krieg abgesagt, da Neuwahlen anstanden.

Dabei geht Israel im neuesten Konflikt mit den Palästinensern nicht zimperlich vor, die Gewalt auf beiden Seiten eskaliert weiter: Im Norden Israels kam es in der Nacht zum Montag zu Demonstrationen und Angriffen auf die Polizei. 110 Menschen wurden festgenommen. In Nahf und Nazarath zündeten maskierte Demonstranten Autoreifen an und errichteten Straßensperren. Bei Ausschreitungen im südisraelischen Beersheva wurden laut Polizei zwölf Menschen festgenommen.

1.500 Reservisten mobilisiert

Israels Armee bereitet sich offenbar auf größere Gefechte mit der im Gazastreifen herrschenden Hamas vor. 1.500 Reservisten würden mobilisiert, so Armeesprecher Peter Lerner am Montag: "Wir müssen uns auf eine weitere Verschlimmerung der Lage einrichten. Unsere Botschaft ist, dass wir für jede Entwicklung bereit sind." Die Hamas sei aktiv an den jüngsten Angriffen auf Israel beteiligt gewesen.

Tote bei Drohnenangriff

Zuvor sind bei israelischen Drohnenangriffen im Gazastreifen sieben militante Palästinenser getötet worden, sagte ein Sprecher der palästinensischen Rettungskräfte. Zwei weitere Aktivisten gelten als vermisst. Anderen Berichten zufolge sei die Zahl der palästinensischen Toten bereits auf neun gestiegen. Die Angriffe seien eine Reaktion auf den Raketenbeschuss Südisraels aus dem Gazastreifen, teilte die israelische Armee mit. Sie hätten neun "Terrorstützpunkten" sowie Raketenabschussvorrichtungen gegolten; sieben der Getöteten seien Mitglieder des bewaffneten Flügels der radikalislamischen Hamas.

Tatverdächtige gestanden Mord

Die Spannungen im Nahen Osten haben in den vergangenen Wochen erneut stark zugenommen. Zuletzt hatte der Tod eines palästinensischen Jugendlichen die Stimmung angeheizt - viele Palästinenser sehen darin eine Vergeltungstat für den Tod von drei israelischen Religionsschülern, die im Westjordanland verschleppt und getötet worden waren. Inzwischen wurde die Täter offenbar gefunden: Drei der am Sonntag festgenommenen Israelis haben Geständnisse abgelegt. "Sie haben die Ermordung und Verbrennung von Mohammed Abu Khder bei lebendigem Leib gestanden und die Tat vor Polizisten nachgestellt", verlautete am Montag aus Ermittlerkreisen.

Nach der Entführung von drei jüdischen Teenagern wachsen die Spannungen zwischen Israel und den Palästinensern. Israel startete die größte Militäroperation seit zwölf Jahren gegen die radikalislamische Palästinenserorganisation Hamas im Westjordanland. Die Luftwaffe griff auch Stellungen der Hamas im südlichen Gazastreifen an, aus dem zurückgefeuert wurde. Mehrere Menschen starben.

12. Juni 2013 - Drei jüdische Religionsschüler - zwei 16-Jährige und ein 19-Jähriger - verschwinden am späten Abend auf dem Heimweg von ihrer Schule in einer Siedlung bei Bethlehem im Westjordanland.

13. Juni - Es wird befürchtet, dass sie von militanten Palästinensern entführt wurden.

15. Juni - Israels Ministerpräsident Benjamin Netanyahu macht die radikalislamischen Palästinenserorganisation Hamas für die Entführung der Jugendlichen verantwortlich. Die Armee riegelt als Teil der Suche nach den Jugendlichen das südliche Westjordanland ab.

16. Juni - Netanyahu fordert Palästinenserpräsident Mahmoud Abbas zur Hilfe bei der Suche nach den Jugendlichen auf.

18. Juni - Abbas verurteilt die Entführung der Jugendlichen und fordert deren Freilassung. Israels Armee hat bei Razzien inzwischen 240 Palästinenser festgenommen, darunter viele Hamas-Mitglieder.

19. Juni - Israel geht eine Woche nach der Entführung der Jugendlichen weiter massiv gegen die Hamas vor. Ein Sprecher der Palästinenserorganisation wirft Israel vor, mit seiner Offensive im Westjordanland das "Tor zur Hölle" aufgestoßen zu haben. Netanyahu fordert Abbas zum Bruch mit der Hamas auf. Dessen gemäßigte Fatah hatte zu Monatsbeginn eine Einheitsregierung mit Hamas gebildet.

26. Juni - Israels Geheimdienst hat nach eigenen Angaben die Entführer der drei Jugendlichen identifiziert. Es handle sich um zwei ehemalige Häftlinge aus Hebron, Mitglieder der Hamas.

29. Juni - Zehntausende Menschen demonstrieren in Tel Aviv für die Freilassung der Teenager.

30. Juni - Die Leichen der Vermissten werden unter einem Steinhaufen auf einem Feld in der Nähe von Hebron gefunden. Die Schüler waren offensichtlich schon kurz nach der Entführung erschossen worden. Israel droht der Hamas mit einer harten Reaktion. Hunderte Demonstranten in Jerusalem fordern Rache für den Mord. In der Nacht fliegt die Luftwaffe massive Angriffe auf Ziele im Gazastreifen. Zuvor war Israel mit etwa 20 Raketen beschossen worden.

2. Juni - Die Leiche eines verschleppten 16-jährigen Arabers wird in einem Wald bei Jerusalem gefunden. Israelische Medien sprechen von möglicher Rache rechtsgerichteter Israelis für den gewaltsamen Tod der jüdischen Jugendlichen. Im arabischen Ostteil Jerusalems kommt es zu schweren Krawallen. In der Nacht fliegt die israelische Luftwaffe erneut zahlreiche Angriffe im Gazastreifen.

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