Elite-Spione verweigern den Dienst

Eine israelische Elite-Einheit stellt sich gegen Israels Methoden
Heftige Kontroversen um umstrittene Aufklärungsarbeit der legendären Einheit "8200".

Ein Protestschreiben, in dem am Wochenende 43 Abgänger von Israels legendärer militärischer Aufklärungseinheit "8200" weiteren Reservedienst verweigern, löste in Israel heftige Debatten aus. "Die Aktivitäten der Einheit im palästinensischen Abschnitt sind untrennbar vom Militärregime über die Palästinenser, sie treffen auch Unschuldige und erschweren eine Beendigung des Konflikts", schrieben die Verweigerer.

Die Einheit "8200" ist Israels zentrale Sammelstelle militärischer Informationen und unterliegt strengster Geheimhaltung. Dort aufgenommen zu werden gilt als eine Art "Freifahrtschein" in Israels weltweit gefragte Hi-Tech-Industrie. Die Sammlung und Auswertung von Informationen nennt die englische Sprache knapp "Intelligence". Tatsächlich nimmt die "8200" nach einem berüchtigten Aussiebungsverfahren nur die Intelligentesten unter Tausenden Bewerberinnen und Bewerbern auf.

Premier Benjamin Netanjahu beließ es bei einer zurückhaltenden Reaktion auf seiner Facebook-Seite: "Israel schuldet Eurem professionellen und moralisch anspruchsvollen Einsatz viel. Macht Eure Arbeit weiter, die für Israels Sicherheit doch so wichtig ist." Die Reaktionen über Facebook und andere Netzwerke waren um einiges härter: "Verräter" war noch die harmloseste Beschimpfung. Einige der Unterzeichner berichteten von Morddrohungen.

"Ethische Konflikte"

Sachlicher waren die Reaktionen anderer Soldaten der "8200": Sie bestritten, dass die Arbeit der Einheit, die vor allem mit Hilfe äußerst fortschrittlicher Abhörtechniken vorgeht, keinerlei Kontrollmechanismen unterliege. Im Gegensatz zu polizeilicher Abhörarbeit sind die Auflagen für die militärische Datensammlung sehr viel schwächer. "Tatsächlich kann es zu ethischen Konflikten kommen", heißt es im Antwortschreiben ehemaliger "8200-er", "doch gibt es Mittel und Wege, solche Probleme im Rahmen der Hierarchie anzugehen."

Der Brief der Verweigerer, so die Kritiker, gehe nicht auf Probleme ein, sondern beinhalte eine politische Meinungsäußerung. Zu solchen Problemen gehört etwa das Aufspüren menschlicher Notlagen, die von den Geheimdiensten (beider Konfliktseiten) ausgenutzt werden. So werden nicht selten palästinensische Schwule zur Mitarbeit gezwungen, die in ihrer konservativen Umgebung ihre Neigung geheim halten müssen.

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