Israel-Besuch zu einem heiklen Zeitpunkt

Sebastian Kurz empfing Shimon Peres Anfang April in Wien, jetzt besucht er Israels Präsidenten in Jerusalem.
Außenminister Kurz fährt nach Jerusalem und Ramallah, während die Gespräche zwischen Israel und Palästinensern stocken.

Es war ein ambitionierter Plan: Bis 29. April wollte US-Außenminister John Kerry ein Abkommen zwischen Israel und den Palästinenser-Behörden über eine Zweistaatenlösung ausgehandelt haben. Und es war ein, betrachtet man die vergangenen Jahrzehnte israelisch-palästinensischer Verhandlungen, von vornherein wohl aussichtsloser Plan. Der gegenwärtige Stand – Gespräche so gut wie gescheitert, es wird gerade noch um eine Fortsetzung der Verhandlungen gerungen – ist daher wenig überraschend.

Europa und seine Staaten spielen bei der Vermittlung in dem Konflikt eine untergeordnete Rolle. Wenn es nach dem Willen von Sebastian Kurz geht, soll das bald anders sein.

Neue österreichische Expertise

Er besucht ab Montag als Außenminister erstmals Israel und die Palästinenser-Gebiete und will Österreichs Außenpolitik künftig stärker auf "Nischen" konzentrieren. So wie die Westbalkan-Expertise der österreichischen Diplomatie international gefragt ist, will er einen Schwerpunkt auf das Thema "Religionsdialog" setzen. "Viele Konflikte weltweit sind religiös und ethnisch geprägt", sagt Kurz im Gespräch mit dem KURIER, und Österreich habe eine starke Expertise im friedlichen Zusammenleben unterschiedlicher Religionen. Der Umgang der Welt mit dem Islam sei ja eine der großen Zukunftsfragen. Bei seiner Reise trifft er auch den Oberrabbiner von Jerusalem, David Baruch Lau, und den Großmufti Muhamad Hussein.

Der Nahostkonflikt lasse sich damit aber noch nicht lösen, und eine Vermittlungsrolle spielen Österreich und sein Minister natürlich nicht. Die israelisch-palästinensischen Verhandlungen scheiterten nach klassischem Muster: Eine Zielvorgabe (die auch von Österreich unterstützte Zwei-Staaten-Lösung), ein innerisraelischer Konflikt darüber, eine palästinensische Trotzreaktion – und aus.

Es war die Siedlerpartei des aufstrebenden Jungpolitikers Naftali Bennet, die in der israelischen Regierungskoalition von Beginn weg gegen territoriale und andere Zugeständnisse an die Palästinenser opponierte. Auch gegen die vereinbarte Freilassung von palästinensischen Gefangenen in Israel. Nach Entlassungen in den vergangenen Monaten stoppte Ministerpräsident Benjamin Netanjahu die weiteren Freisetzungen.

Palästinenser-Präsident Mahmoud Abbas entschied daraufhin, die Anerkennung eines Palästinenserstaates auf anderem Weg zu versuchen: Bei der UNO und anderen Organisationen und Verträgen suchten die Palästinenser um Mitgliedschaft an. Dass Österreich vor zwei Jahren die Mitgliedschaft der Palästinenser bei der UNESCO unterstützte, ist ein nicht unheikler Punkt in den Beziehungen zu Israel.

Auf den Palästinenser-Schritt in Richtung internationaler Organisationen reagierte Israel mit der Ankündigung von Wirtschaftssanktionen gegen Palästina. Dann folgte wieder Gewalt: Ein Heckenschütze erschoss Anfang der Woche nahe Hebron einen israelischen Polizisten und verletzte dessen Frau und Kind. Und auf dem Jerusalemer Tempelberg ging israelische Polizei gegen arabische Gläubige vor, nachdem palästinensische Jugendliche jüdische Gläubige und Polizisten mit Steinen beworfen hatten.

Heikler könnte die Lage also nicht sein, in der Sebastian Kurz nach Israel reist. Er trifft am Dienstag Staatspräsident Shimon Peres und Außenminister Avigdor Liebermann. Der hatte diese Woche von "Geheimgesprächen" gesprochen, die Israel zur Schaffung diplomatischer Beziehungen mit Saudi-Arabien und Kuwait führe (bisher gibt es nur Friedensverträge mit Ägypten und Jordanien). Gemeinsame Basis sei die Furcht vor dem Iran. Saudi-Arabien und Kuwait dementierten die Gespräche umgehend.

Reise auch nach Teheran

Pikant am Treffen Kurz’ mit Liebermann: Kurz fliegt kommendes Wochenende in Absprache mit EU-Außenbeauftragter Catherine Ashton auch zu einem Besuch nach Teheran.

Am Mittwoch davor steht zum Abschluss seiner Israel-Reise noch eine Visite bei Palästinenser-Präsident Mahmoud Abbas und Außenminister Riyad al-Maliki in Ramallah auf dem Programm.

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