Island: Politik-Neuling Johannesson wird neuer Präsident

Islands neuer Präsident: Gudni Th. Johannesson.
Der Sieg des favorisierten Historikers fiel aber knapper als erwartet aus.

Unter dem Eindruck von Fußball-EM und Panama Papers haben die Isländer den Historiker Gudni Th. Johannesson zu ihrem neuen Präsidenten gewählt. Nach der Auszählung eines Großteils der Stimmen lag der 48-Jährige mit 37,9 Prozent der Stimmen vor der Unternehmerin Halla Tomasdottir mit 29,9 Prozent. Die übrigen sieben Kandidaten lagen weit dahinter.

"Jetzt scheint der Sieg da zu sein und ein neues Kapital beginnt. Vielen Dank", sagte Johannesson am frühen Sonntagmorgen in Reykjavik zu seinen Anhängern. Sein Ergebnis fällt jedoch schlechter aus als erwartet. Die übrigen sieben Kandidaten lagen weit dahinter.

Der fünffache Vater hatte neben dem Wahlerfolg noch einen Grund zum Feiern: Am Sonntag wurde er 48 Jahre alt. Die isländische Sängerin und Schauspielerin Johanna Vigdis Arnardottir brachte dem frisch gewählten Präsidenten ein Ständchen und sang in Anlehnung an Marilyn Monroes Song für US-Präsident John F. Kennedy "Happy Birthday, Mr. President".

Zur Wahlbeteiligung gab es zunächst keine Angaben. Wegen des sensationellen Erfolgs der Isländer bei der Fußball-EM hatten Experten im Vorfeld mit einer geringen Wahlbeteiligung gerechnet. Damit auch die Inselbewohner wählen konnten, die zurzeit in Frankreich sind, hatte das Innenministerium aber spontan ein Wahllokal im Camp des Nationalteams in Annecy eingerichtet.

Klarer Favorit

Historiker Johannesson hatte vor der Wahl als klarer Favorit gegolten. Durch seine Auftritte als Experte im Fernsehen ist er einem breiten Publikum auf der Nordatlantik-Insel bekannt. Nach den Enthüllungen der Panama Papers über Briefkastenfirmen in Steueroasen, die Islands Regierungschef Sigmundur David Gunnlaugsson zum Rücktritt gezwungen hatten, war das Vertrauen der Isländer in ihre Politiker geschwunden. Viele Landsleute hatten Johannesson bestärkt, sich für den Präsidenten-Posten zu bewerben.

Am 1. August folgt Johannesson auf Islands Präsidenten Olafur Ragnar Grimsson. Grimsson hatte nach 20 Jahren und fünf Amtszeiten nicht mehr antreten wollen. Die Zeit bis zu seinem Amtsantritt wolle er nutzen, um sich auf die neuen Aufgaben vorzubereiten, sagte sein sichtlich gerührter Nachfolger am Sonntag. Vor der ersten steht er schon im Herbst, wenn in Island ein neues Parlament gewählt wird.

Der isländische Präsident hat zwar vor allem repräsentative Aufgaben, kann aber etwa auch ein Veto gegen Gesetzentwürfe einlegen und spielt eine entscheidende Rolle bei der Regierungsbildung.

Gudni Th. Johannesson ist ein ganz normaler Isländer. Er lebt mit seiner Frau und seinen Kindern in der Nähe von Reykjavík, liebt die Bewegung an der frischen Luft und fiebert gerade wie jeder andere mit der isländischen Nationalelf bei der Fußball-EM mit. Genau das mögen seine Landsleute an dem Historiker, und genau deshalb haben sie ihn zu ihrem sechsten Präsidenten gewählt.

Er ist einer von ihnen, ihm vertrauen sie. Das liegt auch daran, dass Johannesson zwar nie ein politisches Amt innehatte, nach Ansicht der Isländer aber derjenige von ihnen ist, der am meisten über die Politik weiß. Als Experte erklärt der Historiker im Fernsehen den Inselbewohnern seit Jahren freundlich und ruhig die Welt, an der Universität von Island lehrt er Geschichte.

Auch privat, sagen die Isländer über ihn, sei er ein umgänglicher Kerl. Mit seiner kanadischen Frau Eliza Reid, die er beim Studium in England traf, hat er vier Kinder, dazu eine Tochter aus erster Ehe. "Wir kommen sehr gut aus, wir sind beste Freunde", sagt Johannesson über sich und seine Ex-Frau.

Zuhause bei Johannessons wird meist Englisch gesprochen. Weil sein Bruder Patrekur jahrelang als Profi-Handballer in Spanien sowie Deutschland spielte und nun die österreichische Nationalmannschaft der Männer trainiert, beherrscht Johannesson auch die deutsche Sprache. "Wir haben eine starke Verbindung zu Deutschland", sagt der Präsident. Damit seine Kenntnisse nicht einrosten, liest er den "Spiegel".

Die Begeisterung für den Sport liegt in der Familie. "Ich versuche, aktiv zu sein, versuche zu joggen und rennen und Fußball zu spielen, wenn ich kann", sagt Johannesson. Dass es viele Parallelen zwischen der Welt des Sports und der Politik gibt, hat ihm im Wahlkampf geholfen, sagt er: "Man muss von seiner Stärke überzeugt sein, man braucht gute Leute um sich herum, Teamwork, eine gute Taktik, einen Schlachtplan und Durchhaltevermögen."

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