Vor Enthauptung schrieb Geisel berührenden Brief an Eltern

Abermals töten IS-Terroristen einen Amerikaner. Um sein Leben zu retten, trat er in der Gefangenschaft zum Islam über. Es nützte ihm nichts.

Mach Dir keine Sorgen, Dad, wenn ich untergehe. Ich werde immer an Euch denken – daran, dass Du und Mom mich über alles lieben." Dieser Brief aus der Gefangenschaft war das letzte Lebenszeichen, das die Eltern des US-Helfers Peter Kassig, 26, erhielten. Jetzt ist er tot. Enthauptet von einem Extremisten des Islamischen Staat (IS) in Syrien – zumindest legt das ein Video nahe, das nun im Internet veröffentlicht wurde.

Sonntagabend bestätigte das Weiße Haus die Echtheit des neuen Enthauptungsvideos. Barack Obama verurteilte die Enthauptung in starken Worten und sprach der Familie sein Beleid aus.

"Das Härteste"

"Das ist das Härteste, was ein Mensch durchmachen kann", schrieb der Ex-Elitesoldat, der von April bis Juli 2007 im 75. Ranger Regiment der US-Army im Irak gedient hatte und im Vorjahr verschleppt worden war, "die Anspannung und die Angst sind unglaublich".

Der junge Mann war bereits einmal auf einem IS-Video zu sehen: Als der Brite David Haines geköpft wurde. Damals schon wurde Kassig mit dem Tod bedroht.

"Das war sehr traumatisch für mich, weil ich mir nur allzu gut vorstellen konnte, an seinem Platz zu sein", sagte der Ex-GI danach zu Nicholas Henin. Der französische Journalist wurde vier Monate lang mit dem Amerikaner als Geisel gehalten, kam aber dann mit einigen anderen seiner Landsleuten frei.

Der Reporter berichtete danach, dass der US-Bürger in der Gefangenschaft zum muslimischen Glauben konvertiert sei und sich ab dann Abdul-Rahman Kassig genannt habe. Der Ex-Soldat, der nach seinem Ausscheiden aus der US-Armee eine Hilfsorganisation für Syrer in Not gegründet hat, habe fünf Mal, bisweilen auch sieben Mal pro Tag gebetet. "Peter sagte mir, wie wichtig ihm der Islam geworden sein, um die Situation in Gefangenschaft zu überstehen", so Henin.

Die Terroristen des "Islamischen Staates" hatten bereits zuvor die beiden Amerikaner Jim Foley und Steven Sotloff ermordet. Neben David Haines wurde auch dessen Landsmann Alan Hennig vor laufender Kamera getötet. Die Videos der abscheulichen Bluttaten wurden jeweils im Internet veröffentlicht.

Bei jenem Mann, der im Video als Mörder Kassigs zu sehen ist, dürfte es sich erneut um „Jiahdi John“ handeln, berichten britische Medien. Der IS-Kämpfer stammt angeblich aus Großbritannien, er tauchte in allen bisher veröffentlichten Videos auf. Mittlerweile hat der IS fünf derartige Enthauptungsvideos publiziert.

Der britische Premier David Cameron reagierte geschockt. Er sei "entsetzt über den kaltblütigen Mord", die militanten Islamisten hätten "erneut ihre Verderbtheit zur Schau gestellt". Das Weiße Haus und US-Geheimdienste sind derzeit damit beschäftigt, die Echtheit des Videos zu bestätigen. Aus die USA verurteilten die Tat scharf, man sei "entsetzt über den brutalen Mord an einem unschuldigen Amerikaner".

Rätselraten um „Jihadi John“

Dass "Jihadi John" bei einem der Luftschläge verletzt worden oder gar getötet sei – zuletzt gab es Berichte, die darauf hindeuteten – konnte allerdings niemand bestätigen. Cameron wollte dazu keine Auskünfte erteilen, das Weißem Haus ebensowenig.

In dem Video richtet der IS-Kämpfer seine Worte direkt an den US-Präsidenten: "Obama, Du sagst, ihr hättet euch vor vier Jahren aus dem Irak zurückgezogen. Wir sagten damals, ihr seid Lügner (…) und dass ihr wieder zurückkommen werdet, mit mehr Streitkräften als jemals zuvor." Der IS werde die US-Soldaten deshalb "in syrischer Erde begraben", fügt er am Schluss hinzu.

Angesichts des brutalen Vorgehens der Islamisten-Miliz IS auch gegen westliche Zivilisten versichern immer mehr Unternehmen ihre Mitarbeiter gegen Entführungen. Dabei gehe es um sogenannte Kidnap&Ransom-Versicherungen, die in Deutschland von sechs Unternehmen angeboten würden, darunter die Allianz, HDI Gerling und Ergo, schreibt die Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung.

Sie sähen Deckungssummen von drei bis maximal 50 Millionen Euro vor und deckten die Kosten für Verhandlungen und Lösegeldzahlungen. Seitdem im Internet Videos von Enthauptungen westlicher Geiseln durch die radikale Miliz Islamischer Staat kursierten, "ist das Interesse an diesen Versicherungen explosionsartig gestiegen", sagte Anne Deiter, Expertin für Entführung und Erpressung beim Versicherungsmakler AON, dem Blatt.

In Deutschland seien bisher mehr als tausend solcher Versicherungen abgeschlossen worden, die bis zu 250.000 Euro im Jahr kosteten, schreibt die Zeitung unter Berufung auf Branchenkreise.

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