USA

Obama: "Den IS schwächen und zerstören"

13 Jahre nach 9/11 wächst auch in den USA wieder die Terrorangst.

Die Köpfung der beiden US-Journalisten James Foley und Steven Sotloff hat die amerikanische Öffentlichkeit schockiert wie schon lange nichts mehr. Doch noch mehr schreckliche Bilder und grausige Videos der Terroristen des "Islamischer Staates" (IS) könnten bald folgen, warnte am Mittwoch Barack Obama. Denn die USA werden, wie der US-Präsident Mittwoch Nacht in seiner Rede an die Nation ausführen wird, den Kampf mit den Terroristen des IS mit voller Kraft aufnehmen. Das Ziel: "Die Terroristengruppe schwächen und endgültig zerstören".

Das Wüten und die Grausamkeiten der Dschihadisten im Irak und in Syrien, dem in den vergangenen Monaten Tausende Menschen zum Opfer fielen, hat auch in Amerika Spuren hinterlassen. Am Donnerstag, genau 13 Jahre nach den Anschlägen des 11. September, haben viele Amerikaner so große Angst vor Terrorangriffen wie schon seit 2001 nicht mehr. 47 Prozent der US-Bürger glauben laut einer NBC-Umfrage, dass die USA dieser Tage noch weniger vor Terror geschützt seien als vor den 9/11-Angriffen.

Die Chicagoerin Trace Jackson hat "keine Angst", wie sie dem KURIER sagt. "Aber ich glaube, dass 9/11 in den Köpfen vieler Amerikaner noch präsent ist. Es war ein schreckliches Ereignis. Das Land hat sich dadurch definitiv geändert – viele Leute fürchten, dass so etwas noch einmal passieren könnte."

Eli Anderson (84) lebte zum Zeitpunkt der Anschläge in New Jersey und konnte von seinem Haus aus den Rauch sehen. "Ich denke nicht mehr daran. Aber ich glaube doch, dass die Möglichkeit neuer Angriffe gegeben ist. Vor allem, wenn man sich ansieht, was im Irak passiert – mit dem IS."

Direkt nach 9/11 habe es in den USA eine große Welle der Solidarität gegeben, erinnert sich der Pensionist. "Die Leute haben US-Fahnen in die Fenster gehängt, sie auf Autos montiert. Es gab ein ausgeprägtes Gefühl, dass wir alle in ein und derselben Situation stecken. Doch diese Welle ist schnell abgeebbt."

Der Furcht vor neuen Anschlägen halten die US-Sicherheitsbehörden entgegen: Über Anschlagspläne der IS-Dschihadisten gegen Ziele auf amerikanischem Boden sei nichts bekannt. Anders als die Terrorgruppe El Kaida zielten die 30.000 bis 35.000 Mann starken IS-Milizen vielmehr darauf ab, zwischen Nordsyrien und dem Nordirak ihr "Kalifat" auszubauen.

Ihr Vormarsch trieb zuletzt mehr als 600.000 Menschen in die Flucht und droht allmählich den gesamten Nahen Osten zu destabilisieren. Mit einer "Kern-Koalition" williger Staaten will Obama deshalb dem "Islamischen Staat" den Kampf ansagen und ihn auslöschen. Dafür ist der US-Präsident, der mit dem Versprechen antrat, "Krieg zu beenden und keine neuen zu beginnen", bereit, ein Tabu zu brechen.

Luftangriffe in Syrien

Obama ist offenbar entschlossen, auch Luftangriffe gegen IS-Ziele in Syrien fliegen zu lassen. Dabei hat er die Mehrheit der Amerikaner hinter sich – zwei Drittel der US-Bürger würden US-Luftangriffe in Syrien befürworten. Auf schnellem Weg aber, so warnte der US-Präsident, werde die Zerschlagung des IS nicht zu erreichen sein. Bis zu drei Jahre könne die Operation dauern.

Und sie hat eine entscheidende Schwachstelle:Amerikanische Bodentruppen wird es im Kampf gegen den IS weder im Irak noch in Syrien geben. Ohne wirklich kampfkräftige Truppen in der Region fehle im Krieg gegen den IS aber der "militärische Muskel", glauben israelische Sicherheitsexperten: Die kurdischen Peschmerga-Milizen seien allein zu schwach, und die völlig demoralisierte, zerfallene irakische Armee sei zu desorganisiert, um es mit den IS-Kämpfern aufzunehmen. Ein weiterer, wichtiger Alliierter der USA zögert noch: Die Türkei hält sich aus Sorge vor grausamer Rache an fast 50 türkischen IS-Geiseln zurück.

Obama: "Den IS schwächen und zerstören"
Karte Syrien, Irak mit von IS kotnrollierten Gebieten und US-Luftschlägen, Anzahl der US-Luftangriffe seit 8. August - Säulengrafik Grafik 1078-14-Irak.ai, Format 88 x 120 mm

Ein verheerender Bombenanschlag auf eine der größten Rebellengruppen in Syrien könnten die Kräfteverhältnisse unter den Gegnern des Regimes verschieben. Extremistische Gruppen wie der Islamische Staat, aber auch moderate Kräfte könnten laut Experten das Attentat auf die islamistische Miliz Ahrar al-Sham möglicherweise nutzen, um deren Kämpfer zu rekrutieren.

Eine Bombe hatte am Dienstag fast die gesamte Führung der Miliz Ahrar al-Sham ("Freies Großsyrien") getötet, darunter deren Chef Hassan Aboud. Bei dem Attentat seien 40 bis 50 Kämpfer der islamistischen Gruppe umgekommen, teilte die syrische Beobachtungsstelle für Menschenrechte mit. Die Bombe explodierte laut Aktivisten bei einem Treffen der Al-Sham-Führung in Ram Hamdan in Nordwestsyrien.

Ahrar al-Sham gehört dem Oppositionsbündnis Islamische Front an, die das Regime von Präsident Bashar al-Assad bekämpft. Die Miliz sei eine der mächtigsten und wichtigsten Oppositionsgruppen in Syrien, teilte der Syrien-Fachmann der International Crisis Group, Noah Bonsey, am Mittwoch der Nachrichtenagentur dpa mit. Ob sie weiterhin stark bleibe, hänge von ihrer neuen Führung ab, sagte er. Nachfolger von Hassan Aboud ist Hashim Al-Sheikh, der am Mittwoch in einer ersten Videobotschaft auftrat.

Hohe Fluktuation

Bonsey erklärte, die syrische Rebellenszene sei ständig in Bewegung. Kämpfer wechselten dauernd von einer Gruppe zu einer anderen. Für die neue Führung von Ahrar al-Sham sei es jetzt ein Herausforderung, ihre Basis zusammenzuhalten. Bisher ist unklar, wer für den Anschlag verantwortlich ist. Ahrar al-Sham vertritt eine ähnliche Ideologie wie der IS, ist jedoch mit ihr verfeindet. Der IS verübt in Syrien und im Irak regelmäßig Anschläge.

Nach Angaben des Syrien-Fachmannes des Brookings-Instituts in Doha, Charles Lister, kam das Attentat in einer Phase, in der die Spitze von Ahrar al-Sham moderatere Positionen eingenommen hat. In der neue Führung dürften nun eher die Hardliner dominieren, schrieb er in einem Artikel für Internetseite The World Post.

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