Irland: Installateure geschlagen und gebissen

Die Regierung in Dublin will Gebühren für Wasser einheben. Die Folge: Massendemos und Übergriffe.

Die Wassergebühr ist für Josephine Bow der Tropfen, der das Fass zum Überlaufen gebracht hat. "Ich bin schon sehr lange sehr wütend. Seit das Bankensystem in Irland vor vier Jahren zusammengebrochen ist hat die Regierung eine Sparmaßnahme und Gebührenerhöhung nach der anderen beschlossen. Jetzt reicht es", sagt die Pensionistin aus dem ostirischen Landkreis Meath dem KURIER.

Irland: Installateure geschlagen und gebissen
Ciara McStay
Sie spricht Hunderttausenden ihrer Landsleute aus der Seele, die seit Wochen gegen den Plan der Regierung Sturm laufen, ab kommendem Jahr eine Gebühr für privaten Wasserverbrauch einzuheben. Irland ist das einzige OECD-Land, in dem es keine derartige Gebühr gibt.

Jahrelang schluckten die Iren mehr oder weniger widerstandslos immer neue Einschnitte und Steuererhöhungen. Das Land war von der Finanzkrise 2008 besonders hart getroffen worden. Die vergleichsweise geringe Wassergebühr von maximal 200 Euro pro Jahr und Haushalt hat nun jedoch den Volkszorn entfacht. Bei landesweit mehr als zehn Protestmärschen gingen insgesamt 120.000 Menschen auf die Straße.

"Die Menschen haben genug davon, dass sie für korrupte Politiker und schlechtes Krisenmanagement zahlen müssen", meint die Dublinerin Ciara McStay. Sie selbst hat mit der Wassergebühr kein Problem – im Gegensatz zu ihrem Ehemann. "Ich lag am Wochenende krank im Bett, doch das kümmerte ihn wenig. Er ging im strömenden Regen gegen die Wassergebühr protestieren", sagt McStay. Sie findet es prinzipiell richtig, dass die Iren nun motiviert werden, sparsamer mit Trinkwasser umzugehen. So habe die Regierung die Reform aber nicht kommuniziert. "Es ging nur um Mehreinnahmen."

Brutale Attacken

Irland: Installateure geschlagen und gebissen
Neville Pigott
Der Unmut entlädt sich an den Installateuren, die im Auftrag von "Irish Water" Wasserzähler in den Häusern der Iren installieren müssen. Staatssekretär Paudie Coffey berichtete am Dienstag im Parlament von mindestens 50 Übergriffen: Installateure wurden geschlagen, mit kochendem Wasser bespritzt und gebissen; in mehreren Fällen wurden ihnen die Autoreifen aufgeschlitzt. Auch die Regierungspolitiker bekommen den Volkszorn zu spüren. Vize-Regierungschefin Joan Burton saß letzte Woche mehr als zwei Stunden in ihrem Dienstauto fest, weil dieses von Demonstranten umzingelt worden war.

Neville Pigott aus dem Dubliner Vorort Swords hat kein Verständnis für die Proteste. "Die Gebühr bringt die Menschen dazu, sorgsamer mit einer kostbaren Ressource umzugehen." Bei der Einführung von Abfallgebühren vor zehn Jahren seien die Iren ebenso auf die Straße gegangen. Aber jetzt regt sich keiner mehr darüber auf, und alle trennen den Müll bewusster, weil sie nur für Restmüll zahlen." Pigott lässt das Argument, die Iren hätten schon zu viel erdulden müssen, nicht gelten: "Wir haben immer noch einen sehr hohen Lebensstandard. Auch in harten Zeiten sind die Zeiten nicht wirklich hart."

Die Mehrheit der Iren sieht das anders. In Meinungsumfragen liegt die oppositionelle links-nationalistische Sinn-Fein-Partei seit zwei Wochen erstmals in Führung. Und das, obwohl deren Chef, Gerry Adams, in einen Sexmissbrauchsskandal verwickelt ist.

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